REGION – Leserbrief von Manfred Kirsch zum Rückzug von Frauke Brosius-Gersdorf

REGION – Leserbrief von Manfred Kirsch zum Rückzug von Frauke Brosius-Gersdorf

Ja, der Rückzug von Frauke Brosius-Gersdorf ist eine Niederlage der Demokratie hierzulande und macht zugleich deutlich, dass die Rechten der Republik dank der CDU/CSU-Fraktion in der Lage sein können, die politische Kultur im Lande ganz weit ins rechtspopulistische und rechtsradikale Spektrum zu verschieben. So einen Erfolg hatte die organisierte Rechte hierzulande bisher noch nie und die Zweifel, ob unter diesen Bedingungen überhaupt noch eine sinnvolle Koalitionspolitik geleistet werden könne, sind mehr als berechtigt. Erinnerungen an die Endphase der Weimarer Republik kommen hoch und erschrecken. In jener Endphase der ersten deutschen Demokratie, nämlich 1933, wurde durch das Verhalten der bürgerlichen Rechten die NSDAP begünstigt. Der aktuelle Vorgang zeigt, wie stark ausgeprägt in großen Teilen von CDU und CSU die Neigung ist, sich an rechtspopulistischen und rechtsradikalen Medien in ihrer Praxis zu orientieren. Man muss sich wirklich fragen, ob die Verhinderung der Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Bundesverfassungsrichterin nicht ein Beweis dafür ist, dass es in CDU und CSU viele Politiker gibt, die den Geist unserer Verfassung, der ein antifaschistischer ist, nicht verinnerlicht haben. Offensichtlich sind die Grenzen zu rechten Publikationen und zur AfD bei erheblichen Teilen der Union nur noch fließend. Wie will eine Koalition unter diesen Bedingungen vertrauensvoll zusammenarbeiten können? Der Bundeskanzler hat in der Debatte der letzten Wochen total versagt und CDU und CSU sollten daher eine von den wirklichen Demokraten in diesen Parteien initiierte Selbstfindung einleiten. Wenn der Satz „nie wieder ist jetzt“ zutrifft, dann auch jetzt bezogen auf die Rechtskonservativen in dieser Gesellschaft. Es wäre eigentlich höchste Zeit, dass die Union einen scharfen Trennungsstrich zu den Rechtsradikalen in ihren eigenen Reihen ziehen würde. Der Tag des Rückzugs von Frauke Brosius-Gersdorf ist ein schwarzer Tag für die zweite deutsche Demokratie und fordert zumindest zur Klärung der Geschäftsgrundlage in der schwarz-roten Koalition auf. Manfred Kirsch, Neuwied

Beitrag teilen