HASSELBACH – Bürgerinitiative NoB8OU – Wissenschaft und Kunst in Sorge um die Erde
HASSELBACH – Bürgerinitiative NoB8OU – Wissenschaft und Kunst in Sorge um die Erde – Zwei Vorträge zu Klimawandel und Artensterben
Draußen erinnerten knackige Kälte und frühe Dunkelheit manch einen an früher, als die Westerwälder Winter noch tief und hart waren. Gerne kamen daher die vielen Zuhörerinnen und Zuhörer in das gut geheizte „Haus für die Kunst“ der Stiftung Wortelkamp >im Tal< zum Vortrag des gebürtigen Altenkirchener Biologen, Professor Dr. Christian Hof, „Asphalt, Artensterben und Anthropozän“, sowie Erwin Wortelkamps Erläuterungen zur Rolle der Kunst am Beispiel einer Werkgruppe farbiger Papierarbeiten.
Eingeladen hatte die Bürgerinitiative gegen Ortsumgehungen an der B8 (BI) in die Räume des >Tals<, um mehr über Konflikte und Gefahren angesichts des ökologischen Wandels zu erfahren, welche die Arbeit der Aktivisten gegen Flächenfraß und Zerstörung der Natur seit bald sechs Jahren antreiben. Mit so vielen interessierten Menschen aller Altersgruppen hatte die BI aber nicht rechnen können, so dass für die mehr als 60 Besucherinnen und Besucher schnell zusätzliche Stuhlreihen aufgestellt werden mussten.
Professor Hof, der einen Lehrstuhl an der Uni Würzburg zu Fragen des ökologischen Wandels innehat, brachte einen reichen Fundus an Informationen, Ergebnissen der Forschung und Bewertungen mit und schilderte engagiert und differenziert die Entwicklung der zerstörerischen Ausbeutung der Erde durch den Menschen, ihren dramatischen Anstieg seit dem Beginn der industriellen Revolution und die bis heute anhaltende Klimax infolge des sogenannten Wirtschaftswunders der 50er Jahre, die mit dem Begriff des Anthropozän (grch. anthropos: Mensch, kainos: neu), des „Zeitalters des Menschen“, markiert wird.
Eines der Hauptmerkmale des Anthropozäns, außer dem Artensterben und der Nährstoffeinträge, ist eine enorme, umfassende, oft zerstörerische Beschleunigung. Verkehre und Verkehrsflächen versiegeln, zerschneiden und fragmentieren mittlerweile 5,1% Boden in Deutschland. In Rheinland-Pfalz sind es sogar 6,2%! Ihr Beitrag zum Klimawandel und zum Artenschwund ist infolge des steigenden Treibhausgas-Ausstoßes und der Lebensraumzerstörung gravierend. „Ich erinnere mich noch sehr gut an die vielen Lerchen über dem Leuzbacher Feld in meiner Kindheit! -Es gibt sie noch – die Bestände sind aber in den vergangenen 16 Jahren bereits über 50% geschrumpft.“
Eine aktuelle wissenschaftliche Berechnung (Callahan u.a., Nature Climate Change, 18.11.2025) ergibt, dass bei Temperaturabweichungen von +1,5°C mit 17.000 zusätzlichen Todesfällen in Europa innerhalb einer Woche, bei +3°C sogar mit 32.00 Toten zu rechnen ist – vergleichbar der Sterblichkeitsrate unter Covid 19, und diese Zahlen werden durch die aktuellen Klimaanpassungsmaßnahmen nicht wesentlich verringert.
Beweist also die wissenschaftliche Forschung beängstigende Szenarien für die ganze Erde und alles Leben, so betonte Hof doch auch, dass es erwiesenermaßen Chancen der Stabilisierung gibt, wenn gesellschaftliche und politische Bereitschaft dazu besteht. Jede Maßnahme, die ressourcenschonend, nachhaltig und lebensfreundlich ist, bilde einen Trittstein für die Zukunft des Lebens auf der Erde. Hof konzedierte allerdings, dass Veränderung akut notwendig und in der aktuellen Politik leider keine klare Haltung zu erkennen sei.
In dem anschließenden Gespräch zeigten sich die Zuhörerinnen und Zuhörer in ihren Sorgen bestätigt und in ihrer Motivation bestärkt, das ihre dazu beizutragen. Die BI stellte ein Gesprächsangebot zur Reflektion und praktischen Umsetzung solcher Anliegen in Aussicht.
Als eine besondere Art der Umsetzung reflektierte anschließend Erwin Wortelkamp den künstlerischen Umgang mit menschlichen Formungen, Ein- und Übergriffen in die Natur anhand seiner ausgestellten Bilder: Sei der künstlerische Prozess selbst eine Entschleunigung und im Ergebnis eine Setzung – „ins Werk gesetzt“ – , also das Ende einer Bewegung, so stelle er in seiner Wirkung auf den Betrachter auch ein womöglich Handlung hervorrufendes, bewegendes Element dar. Wortelkamp verwies auf die Verwandtschaft zwischen menschlichen Eingriffen in die Erdsysteme und künstlerischen Aktivitäten als stetes „Ändern, Verändern und Lernen“, das sowohl in der Betrachtung, aber auch wieder in Handlung münden könne, wenn zum Beispiel Kunst sich in öffentlichen Aktionen provozierend oder gesellschaftskritisch ausdrücke.
In den anschließenden angeregten Gesprächsrunden erwies sich das Hasselbacher „Haus für die Kunst“ einmal mehr als ein offener Raum für Ansprache, Anschauung, Achtsamkeit und Aufmerksamkeit. Fotos: Bürgerinitiative
- Marein Osten-Sacken (BI) begrüßt die Gäste
- Prof. Hof referiert über Artensterben
- Prof. Hof referiert über Flächenversiegelung
- Kunst und Wissenschaft im Dialog: Erwin Wortelkamp (li) und Christian Hof
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