REGION – Leserbrief von Siegfried Kowallek zur Abschaffung der Turboeinbürgerung
REGION – Leserbrief von Siegfried Kowallek zur Abschaffung der Turboeinbürgerung
Dass das von der CDU/CSU als „Turboeinbürgerung“ bezeichnete Gesetz zur beschleunigten Einbürgerung wieder gekippt wird, ist aus mehreren Gründen fragwürdig. Laut Statistischem Bundesamt wurden im letzten Jahr bei 291.955 Einbürgerungen lediglich etwa sieben Prozent der Einbürgerungen durch besondere Integrationsleistung verkürzt. Dass Turboeinbürgerung ein Irrweg und ein sogenannter Pull-Faktor sei, der irreguläre Migration befördere, wie Innenminister Alexander Dobrindt behauptet, ist angesichts der doch seltenen Nutzung dieser Möglichkeit somit weit hergeholt, denn die Abschaffung ist eine reine Symbolpolitik, weil sich faktisch ja wenig ändert. Ein Beispiel: Im thüringischen Landkreis Saalfeld-Rudolstadt gab es mit dem Turbo vier Einbürgerungen, so das dortige Presseamt: „Die Personen, die bei uns erfolgreich turbo-eingebürgert wurden, sind zwei Ärzte und zwei, die besonders gesellschaftlich engagiert waren“. Zudem ist Dobrindts Behauptung auch nicht in sich schlüssig. Denn wer irregulär in unser Land kommt, erfüllt eher nicht die Anforderungen für eine Einbürgerung nach drei Jahren: neben hinreichenden Sprachkenntnissen und besonderen Integrationsleistungen wie überdurchschnittliche Leistungen im Beruf oder Studium oder ehrenamtliches Engagement auch die für die reguläre Einbürgerung geltenden Voraussetzungen wie gesicherter Lebensunterhalt ohne Sozialleistungen oder keine schweren Straftaten, auch gültige Nachweise zur Identität und Staatsangehörigkeit. Integration sollte also sichtbar belohnt werden, indem die sich aktiv Integrierenden schneller Teil der Gesellschaft werden. Dass es um ideologisch motivierte Symbolpolitik geht, zeigt darüber hinaus die Einlassung Alexander Throms, des innenpolitischen Sprechers der Union, der auch die neue Fünf-Jahres-Regel am liebsten wieder kippen würde, wofür die CDU/CSU aber dann doch die absolute Mehrheit im Bundestag bräuchte. Für die SPD ist nämlich die Abkehr von ihrem eigenen Gesetz im Hinblick auf die Turboeinbürgerung nur deswegen verkraftbar, weil diese Möglichkeit bislang kaum genutzt worden sei. Trotzdem ist das ein falsches Signal an alle, die sich engagieren, Deutsch lernen, Verantwortung übernehmen. Und wer als kompetente Person, als Fachkraft sein Heimatland verlässt, sucht sich vielleicht ein vernünftigeres, unideologisches, weniger von Gefühlen als von Fakten dominiertes, pragmatischeres Aufnahmeland. Pech für Deutschland! Siegfried Kowallek, Neuwied