REGION – Leserbrief von Manfred Kirsch zu den härteren Bürgergeldsanktionen
REGION – Leserbrief von Manfred Kirsch zu den härteren Bürgergeldsanktionen
Von CDU und CSU war ja nichts anderes zu erwarten, als dass sie dem sogenannten gesunden deutschen Volksempfinden folgend die angeblichen „Faulenzer“ noch mehr bestraft und zur Stigmatisierung armer Menschen beiträgt. Offensichtlich ist den Unionsparteien in ihrer Mehrheit eine Abneigung und Verachtung armer Menschen sozusagen in die DNA geschrieben. Aber mir als Sozialdemokrat ist nicht nachvollziehbar wieso ausgerechnet die SPD dieses widerwärtige Spiel mitmacht und damit ihre eigene Klientel vor den Kopf stößt.
Eigentlich müsste meine Partei doch von der unseligen Agenda 2010 Gerhard Schröders gelernt haben. Doch wieder richtet sich die Sozialpolitik von Schwarz-Rot vor allen Dingen gegen die Schwächsten in dieser Gesellschaft. Kein Sozialdemokrat wird billigen können, dass jetzt immer mehr arme Menschen, nämlich die bisherigen Bürgergeldbezieher noch mehr ins Elend getrieben werden und die Regierenden damit sozusagen gegen zentrale Normen des Grundgesetzes verstoßen. Wer etwa sogenannten Totalverweigerern die staatlichen Unterstützungsleistungen bis auf Null kürzen will, muss wissen, dass er damit gegen das Grundgesetz verstößt.
Viele Sozialpolitikerinnen und Politiker aus der Koalition haben offensichtlich Nachholbedarf in Staatsbürgerkunde, denn sie müssten wissen, dass in Artikel 1 und 20 des Grundgesetzes sowohl die Würde des Menschen als auch der Sozialstaat als Staatsfundamentalnormen mit Ewigkeitscharakter festgeschrieben sind und in Artikel 19 die Wesensgehaltgarantie für die Grundrechte enthalten sind. Es ist also verfassungsrechtlich zumindest fragwürdig, wenn Politiker wie Bärbel Bas und Friedrich Merz bestimmten Leistungsempfängern überhaupt keine Mittel mehr zur Verfügung stellen wollen. Das offenbart ein gestörtes Verhältnis zu den Grundrechten und Grundwerten unserer Verfassung.
Wer sozial Unfrieden sät, darf sich nicht wundern, wenn Rechtsradikale dieses Faktum für sich ausnutzen. Ich bin in großer Sorge, dass die derzeitige Sozialpolitik der Bundesregierung mit ihrem Treten nach unten eine Lawine ins Rollen bringen könnten, die in einer Katastrophe für die zweiten deutsche Republik enden könnte. Christen, Sozialdemokraten, Grüne und Linke sollten sich daher darauf verständigen, Widerstand gegen diesen Rechtsruck zu leisten und eine Sozialpolitik zu betreiben, die der Bundesrepublik wieder ein menschliches und antikapitalistische Antlitz verleihen könnte. Manfred Kirsch, Neuwied.