Pfingstreiter von Heddesdorf
HEDDESDORF – Heddesdorfer Pfingstreiter waren Blickfang –
Mindestens seit 600 Jahren besteht die Tradition der Heddesdorfer Pfingstreiter. Wer am Dienstag in Neuwied oder Engers unterwegs war musste möglicherweise eine Verspätung einplanen und in Kauf nehmen. Die Pfingstreiter aus Heddesdorf, der Ort an dem Friedrich Wilhelm Raiffeisen als Bürgermeister wirkte, waren mit geschmückten Pferden und einem Planwagen unterwegs. Fünf Burschen und ein Planwagen sorgten für Aufsehen. Während auf dem Planwagen die Kapelle befördert wurde, mussten die Wegzolleintreiber zu Fuß gehen und von den Bürgern den Zehnten eintreiben. Das war in diesem Fall ein Euro und als Gegenleistung gab es Anstecker. Das Pfingstreiterbrauchtum in Heddesdorf geht auf das Kloster Rommersdorf und die dort früher betriebene Schafzucht zurück. Um mit den Schafen auf die Weide, zur Tränke oder zum Waschen an den Rhein oder zur Wied zu gelangen, mussten die Schäfer über die Felder der Bauern aus Heddesdorf und Niederbieber. Dieses Recht wurde ihnen gewährt, so oft sie es für nötig hielten.
Als Gegenleistung gab es für die Ackerknechte aus Heddesdorf und Niederbieber, wenn sie zum Kloster Rommersdorf geritten kamen, fünf Gulden und vier Maß Wein. Neben dem Kloster Rommersdorf musste aufgrund dieser Vereinbarung auch der Hofmann zu Langendorf die Heddesdorfer Burschen bewirten, wenn diese auf den Hof Langendorf zu Pferde geritten kamen. Das Abkommen mit dem Klosterhof Langendorf erlosch allerdings, als der Hof beim Anwachsen Neuwieds verschwand.
Dagegen lebt ein ähnliches altes Abkommen mit dem gleichfalls eingegangenen Reuler Hof im Bann von Engers bis heute fort, indem die Pfingstreiter nach ihrem Besuch in Rommersdorf zu Engers das Mittagessen einnehmen. Auch dieses uralte Recht hat mit den Schafgerechtsamen zu tun. Der mittelalterliche Hof Reul oder Reil bei Engers hatte mit Heddesdorf auf dem Teilzehnten beiderseits der Heddesdorfer – Engerser Gemarkungsgrenze eine gemeinsame Schafweidegerechtigkeit.
Die Verpflichtungen des Pfingstreiterbrauchtums sind von Engers amtlich besiegelt. So wurde das Brauchtum der Heddesdorfer Pfingstreiter unter Ortsvorsteher Seuser am 26. Mai 1859 in den sogenannten „Statuten“ schriftlich niedergelegt und vom damaligen Heddesdorfer Bürgermeister Friedrich Wilhelm Raiffeisen, der Bürgermeister in Heddesdorf war, bestätigt. Nachdem der Reuler Hof nicht mehr bestand, hat Engers fortan den Pfingstreitern das Frühstück auf dem Felde am Reuler Pütz zu servieren. Dabei musste der Engerser Schäfermeister mit einem weißen Mantel und schwarzem Hund dabei sein. Später übernahm die Gemeinde Engers die Bewirtung und stellte ein Mittagessen. Die Verpflichtung der Knechte bestand darin, jedes Jahr am Pfingstdienstag die jährliche Abholung einzuhalten, weil sonst die vereinbarte Bewirtung für immer entfallen solle, falls nur ein einziges Mal der Abholtermin versäumt würde.
Aber lediglich den traditionsbewussten Heddesdorfern, ist es gelungen, dies über die Jahrhunderte hinweg trotz mancher Kriegswirren einzuhalten und damit den Brauch bis zum heutigen Tage aufrechtzuerhalten. Die Reiterstaffel besteht aus sieben Aktiven, wovon aber im Moment nur fünf die nötigen Reitstunden absolviert haben. Wenn zu Pfingsten ausgeritten wird, müssen Pferd und Reiter fit sein, denn das Spektakel ist anstrengend, so anstrengend, dass der Kutscher am Bahnhof ein Schlafpäuschen einlegen musste.
Für die Pferde gab es derweil Möhren von der Polizei, die für die nötige Verkehrsicherung sorgte. Letztendlich ist auch an diesem Pfingstdienstag alles gut verlaufen und im Zelt auf dem größten Volksfest am Mittelrein, der Heddesdorfer Kirmes wurde noch kräftig weiter gefeiert. (mabe)