Bürgermeister Zolk zum Thema „Milchbauern“
160 Jahre Hülfsverein für die unbemittelten Landwirte – Bürgermeister Zolk zum Thema „Milchbauern“
160 Jahre ist es her, dass Friedrich Wilhelm Raiffeisen in Flammersfeld den „Hülfsverein für die unbemittelten Landwirte“ ins Leben rief, um den Bauern in ihrer schwierigen wirtschaftlichen Situation eine Perspektive zu geben. Daraus erwuchs nach und nach und trotz vieler Rückschläge eine Genossenschaftsidee, die weltweit Bedeutung erwarb, bis zum heutigen Tag. Was Raiffeisen heute tun würde im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation der Landwirte, weiß niemand. Aber tatenlos zusehen würde er sicher nicht. Denn erneut steht die Zukunft der Landwirte auf dem Spiel. Nein, nicht die Zukunft der „unbemittelten Landwirte“, jetzt geht es um die Zukunft und Chance auch der gut aufgestellten mittelständischen Betriebe, in unserer Region vor allem um die Zukunft der Milchbauern.
Während Raiffeisen Mitte des 19. Jahrhunderts den Wucher energisch und zu Recht bekämpfte, sind heute die das wesentliche Lebensmittel „Milch“ produzierenden Landwirte der Willkür und dem Diktat der Molkereien und Nahrungsmittelindustrie ausgesetzt. Und dem Versagen der nationalen und europäischen Landwirtschaftspolitik.
Die Rechnung ist so einfach: Die Produktion von einem Liter Milch kostet je nach Betrieb zwischen 30 Cent und 35 Cent. Der landwirtschaftliche Betrieb erhält zurzeit rund 20 Cent. Bei der Produktion von 500.000 Litern Milch pro Jahr bedeutet dies einen Jahresverlust von 50.000 Euro für den Betrieb. Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis selbst best aufgestellte Betriebe zusammenbrechen; weniger gut aufgestellte Betriebe werden wirtschaftlich das Jahresende nicht erreichen. Und die Politik schweigt: Längst hätte die Milchquote beschränkt werden müssen, das wäre, dem Beispiel Frankreich folgend, möglich.
Wenn die Landwirte nicht zusammenstehen, die Molkereien nicht endlich ihre Verantwortung auch für die Landwirtschaft wahrnehmen, wenn die Nahrungsmittelindustrie nicht ihr Diktat beenden, werden wir einen beispiellosen Zusammenbruch eines Erwerbszweiges erleben, den wir nicht nur wegen der Produktion landwirtschaftlicher Produkte brauchen. Landwirte sind unentbehrlich auch für die Erhaltung unserer Kulturlandschaft, in erster Linie aber als Produzenten guter, heimischer Lebensmittel. Was würde Raiffeisen tun? Man weiß es nicht. Aber sicher würde er unentwegt trommeln, dass Solidarität möglich wird und er würde unentwegt die Politik anklagen. (Josef Zolk)