WISSEN. „Brauereigeschichte(n) aus Wissen und Umgebung“

WISSEN. „Brauereigeschichte(n) aus Wissen und Umgebung“ – Im Wissener Hotel „Germania“ wurde ein wichtiger Abschnitt der heimischen Wirtschaftsgeschichte lebendig. Und dies darf durchaus wörtlich genommen werden. Das Thema des Referats lautete „Brauereigeschichte(n) aus Wissen und Umgebung“. Eingeladen hatte der Heimatverein für den Kreis Altenkirchen. Nach einem Grußwort zur Eröffnung von Vorstandsmitglied Uwe Büch übernahmen Bruno Wagner und Horst Rolland die Regie im Vortragsraum des Restaurants mit dem wohlklingenden Namen „Germania“. Die beiden Referenten hatten bereits vor zwei Jahren die Geschichte der Braustätte Revue passieren lassen. Da der Andrang sehr groß gewesen ist, entschloss sich der Kreisheimatverein für eine Neuauflage, wozu Bruno Wagner und Horst Rolland auch gerne bereit waren.

Man schlug einen weiten Bogen über den Werdegang des Brauwesens und landete schließlich im Jahre 1722. Da soll nämlich das erste Bier von einem Wissener Wirt und Posthalter hergestellt worden sein. So richtig los ging es jedoch im Winterhalbjahr 1874/75. Ein waschechter Brauer, Jean Schäfer aus dem benachbarten Weiler Holschbach, legte den Grundstein für eine ein stolzes Gebäudeensemble unweit der Sieg. Schon einige Jahre später ging die Brauerei in den Besitz der Gebrüder Haas aus dem Siegerland über.

Um 1885 entstand das Sudhaus. Man firmierte als „Sieg-Rheinische Brauerei m. b. H.“ unter der Geschäftsführung von Emil Buchholz. Im März 1923 war im Handelsregister zu lesen: „Sieg-Rheinische Germania Brauerei Aktiengesellschaft“. Und seither ist der klangvolle Name „Germania“ auf der Welt. Der Betrieb genoss einen hervorragenden Ruf, der weit über das Wisserland hinaus ging. Kriegsschäden waren zum Glück nicht zu verzeichnen und so konnte man sich in den 1950er Jahren zielstrebig mit der Modernisierung befassen. Auffällig war der sehr hohe Etat für Werbemaßnahmen der verschiedenen Art. So gab es allein weit über einhundert unterschiedliche Trinkglasformen.

In Spitzenzeiten beschäftigte die Wissen Brauerei rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der eine oder andere Einwohner dürfte sich noch an die orangefarbenen, gerillten Libella-Flaschen erinnern. Verbunden wird das über Wissen ausgelieferte alkoholfreie Limonadengetränk noch immer mit Außendienstmitarbeiter Lothar Christian. Für 1960 weist die Statistik einen Bierausstoß von mehr als 110 000 Hektoliter aus.

Legendär sind die Betriebsfeiern. Die beiden Referenten präsentierten eine ganze Reihe von Bildern. Im Februar des Jahres 1961 starb der langjährige Brauereidirektor Erhard Schneider. Dem Trauerzug folgten fast 2000 Gäste. Das letzte Brauereipferd, ein stolzer belgischer Kaltblüter, hieß übrigens „Hektor“. Geführt wurde es von Hubert Dützer. 1970 verlegte man die Zentralverwaltung nach Neunkirchen. Acht Jahre später kamen die ersten Gerüchte auf: „Ende der Wissener Tradition als Bier-Brau-Stadt?“ Noch im selben Jahr wurde das Abfüllen der Flaschen eingestellt.

1990 war dann endgültig Schluss mit dem traditionsreichen Betrieb inmitten der Siegstadt. Heute stehen an historischer Stelle ein Supermarkt und das besagte Restaurant/Hotel unter dem klangvollen Namen „Germania“. Bruno Wagner und Horst Rolland hatten parallel zu ihrem Vortrag eine kleine Ausstellung mit Gegenständen und Bilddokumenten aus der Brauerei-Geschichte vorbereitet. Starker Beifall der rund 50 Zuhörer bewies: Die Beiden hatten den richtigen Ton getroffen.

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