Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

AWO InfoveranstaltungBETZDORF – AWO Betreuungsvereine informierten über Vorsorgemöglichkeiten – Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung, nur was für alternde oder kranke Menschen? Nein, denn jede Frau oder jeden Mann kann ein Schicksal treffen, wo man nicht mehr selbstbestimmt entscheiden kann. Und dann? Die Infoveranstaltung der AWO Betreuungsvereine zeigte auf, wie wichtig diese Vorsorge heute auch für junge Menschen ist. Wichtig ist aber auch eine Beratung zu diesen Themen.

„Wer hilft mir, wenn…?“ So lautete die Kernfrage der Infoveranstaltung der AWO Betreuungsvereine des Landkreises Altenkirchen. Zu den Themen Patientenverfügung und Vorsorgemöglichkeiten referierten auch zwei Mainzer Minister. Zum einen Prof. Dr. Gerhard Robbers, Minister für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz und zum anderen die Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, die auch seit vielen Jahren im Vorstand der AWO Betreuungsvereine tätig ist. Die medizinische Profession vertrat der in Kirchen tätige Arzt und stellvertretende Vorsitzende der Bezirksärztekammer Koblenz Dr. Wolfram Johannes. Die Einführung in das Thema übernahm Dr. Holger Ließfeld, Geschäftsführer der AWO Betreuungsvereine im Landkreis Altenkirchen und Vorstandsmitglied im AWO Fachverband für Betreuungen, Vormundschaften und Pflegschaften in Rheinland-Pfalz und dem Saarland.

Es war eine Veranstaltung, die sich an alle interessierten Bürger richtete. Der Vorsitzende Horst Klein begrüßte im Vorfeld die Referenten und freute sich über den regen Zuspruch. Unter den Zuhörern befanden sich Mitarbeiter aus Pflegeberufen, Betreuer, Verwaltungsmitarbeiter und weitere Interessierte an diesem Thema. Ließfeld, der an diesem Abend den Part des Moderators übernahm, berichtete vorab, dass es seit in Kraft treten des neuen Betreuungsrechts 1992 in Deutschland keine Entmündigung mehr gebe. Diese sei abgeschafft.

Heute gehe es um soziale Hilfe und Fürsorge und seit der Etablierung des Gesetzes hätten die Fälle zugenommen. Seit 1998 werde zudem mehr und mehr die private Vorsorge angestrebt. Mittlerweile, könne man sagen, seien Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten in der Bevölkerung angekommen. Die Zahl der Betreuungen sei seit dem Jahr 2012 bei ca. 1,3 Millionen bis heute stabil. Im Jahr 2014 seien dagegen schon 2,6 Millionen Vollmachten bei der Bundesnotarkammer registriert worden. Dazu kämen noch viele nicht registrierte Vollmachten, so dass man von einer geschätzten Gesamtzahl von rund 3 Millionen ausgehen könne. Zudem rechne man noch mit etwa 2 Millionen ausgestellten Patientenverfügungen.

Zum Thema Patientenverfügung (PV) sprach im Anschluss Prof. Dr. Robbers. Ein Autounfall (der für seine kurzfristige Verspätung sorgte) habe ihn auf das Thema eingestimmt und beweise einmal mehr, dass es keine Frage des Alters sei, eine PV auszustellen. In der PV lege man fest, wie man behandelt werden möchte und ob man überhaupt eine Behandlung haben wolle. Die PV schaffe Klarheit. Dazu müssten die Dinge darin aber genau und klar formuliert werden. Hierbei solle jeder vorsichtig mit seinen Entscheidungen sein. Diese gelte es ohne Angst zu treffen. Zudem änderten sich persönliche Einstellungen im Verlauf des Lebens. Eine Patientenverfügung sei jederzeit widerrufbar. Sie kann formlos erfolgen und muss nicht bei einem Notar erstellt werden. Am besten ließe man sich vom Hausarzt beraten.

Ließfeld ergänzte dazu, dass der Hausarzt zudem eine Steuerungs- und Einwilligungsfähigkeit bescheinigen könne. Empfehlenswert sei die Verknüpfung der PV mit einer Vollmacht oder Betreuungsverfügung. Gesundheitsministerin Bätzing-Lichtenthäler spannte einen Bogen von den Verfügungen und Vollmachten hin zur Palliativversorgung und Sterbebegleitung. Der Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung habe im vergangenen Jahr in Deutschland verstärkt an öffentlichem Interesse gewonnen. Der Bedarf an einer gesell­­schaftlichen Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir unsere letzte Lebensphase gestalten wollen, sei groß. Vielen Menschen sei eine umfängliche Sterbebegleitung dabei sehr wichtig. Die Hospizbewegung sei dabei eine tragende Säule, die die Würde des Menschen am Lebensende und die Beachtung seiner Selbstbestimmung in den Mittelpunkt der Arbeit stelle. In Rheinland-Pfalz gebe es aktuell neun Hospizeinrichtungen und eine große Hospizbewegung zur ambulanten Betreuung. Allein 1850 ehrenamtliche Sterbebegleiter seien im Land tätig, eine beeindruckende Zahl und eine Hilfe ohne die die hauptamtlichen Sterbebegleiter nicht auskommen könnten. Seitens der Landesregierung wolle man regionale Versorgungskonzepte entwickeln. Die finanziellen Mittel dafür habe man erhöht.

Dr. Johannes sprach von einer mittlerweile sehr guten Palliativversorgung, auch im Krankenhaus Kirchen. Aber im ambulanten Bereich liege noch einiges im Argen, besonders in ländlichen Gebieten. Aus seiner Erfahrung als Mediziner berichtete der Arzt zudem, dass Patientenverfügungen oft erst dann erstellt würden, wenn jemand erkrankt sei. Er appellierte an die Zuhörer keine generellen Festlegungen vorzunehmen. Es könnten immer Situationen auftreten, die zum Beispiel künstliche Ernährung oder Beatmung erforderlich machten. Ließfeld ergänzte dazu, dass intensivmedizinische Behandlung in vielen Fällen doch zum Erfolg führe und dass solle man nicht vergessen. Zudem könne es bei einer PV immer zu Problemen mit der Durchführung geben, daher sei es wichtig eine Person seines Vertrauens zu haben, die das Festgelegte auch durchsetze. Vom Angebot der Nachfrage machten mehrere der Zuhörer gerne Gebrauch. Auch im Anschluss an die Veranstaltung standen die Referenten für Gespräche zur Verfügung.

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