Vom Wunsch, in der Wölfin die bessere Mutter zu sehen
BIRKEN-HONIGSESSEN – Vom Wunsch, in der Wölfin die bessere Mutter zu sehen – Es gibt merkwürdige Mythen und Geschichten; und es gibt welche, die ihre Entsprechungen in allen Kulturkreisen gleichsam haben. Eine davon ist die Geschichte um die Aufzucht eines oder gleich mehrerer Kinder durch einen Wolf. Das wäre an sich noch keine große Sache, tauchten die Gerüchte nicht regelmäßig immer mal wieder auf, befeuert durch den Auflageeifer der Boulevarpresse und garniert mit Aussagen von selbsternannten Experten und Wissenschaftlern von Disziplinen, die es gar nicht gibt.
Der Biologe Dr. Frank Wörner ist der Sache auf den Grund gegangen. In einer neuen Infoschrift, die kostenlos auf der Webseite der Gesellschaft für Haustierforschung als Download zur Verfügung steht (www.gfh-Wolfswinkel.de) setzt er sich mit den Quellen und den Wahrheitsgehalt auseinander.
„Mit zu den schönsten und eindrucksvollsten Tiergeschichten, die je geschrieben worden sind, gehört Rudyard Kiplings Dschungelbuch und die Romanfigur des kleinen Mowgli, der von seinen Eltern im Dschungel allein zurückgelassen von einem Wolfsrudel aufgezogen wird“, sagt Wörner. „Und diese Geschichte hat eine Reihe von literarischen Vorgängern, die zurück bis in die Antike reichen.“ Die Meldungen und Geschichten tauchen immer wieder auf und ziehen Millionen von Lesern in ihren Bann.
Aber was ist an diesen Gerüchten wahr? Können Kleinkinder unter bestimmten Bedingungen ohne menschliche Fürsorge in der Wildnis überleben, aufgezogen von einem Wolfsrudel? „Regelmäßig erscheinen in den Zeitungen ja auch diese putzigen Fotos, auf denen eine riesige Dogge eine kleine Katze adoptiert hat und säugt, oder von dem Kaninchen, das eine Ratte aufzieht“, meint der Biologe. Aber könnte eine Wolfsmutter tatsächlichen ein menschliches Baby säugen? Könnte ein Kleinkind tatsächlich unbeschadet in einem Wolfsrudel aufwachsen?
Besonders der Bericht der „Kinder von Midnapore“ hebt diese Spekulationen immer wieder in den Betrachtungskreis des doch nicht so Unwahrscheinlichen. Aus diesem Grund setzt sich die Infoschrift ausführlich mit diesen Quellen aus Indien Anfang des 20. Jahrhunderts auseinander und prüft diese unvoreingenommen. Das Fazit ist allerdings eher ernüchternd als sensationell. Die Kinder hat es wohl tatsächlich gegeben. Ob sie aber von Wölfen aufgezogen wurden ist mehr als zweifelhaft.