Vereinfachtes Verfahren wirft Fragen auf
KREIS ALTENKIRCHEN – Vereinfachtes Verfahren wirft Fragen auf
Die Kreisverwaltung hat bei dem Antrag für den Bau von Windrädern auf dem Hümmerich das Verfahren auf „vereinfacht“ umgestellt. Was das für die Öffentlichkeit und für den Hümmerich bedeutet, sollen Antworten auf einige Fragen an die BI Hümmerich erhellen.
Ist mit der Umstellung des Verfahrens der Kampf der Bürgerinitiative verloren?
Nein, im Gegenteil. Jetzt geht es erst richtig los. Mit Hilfe unserer Mitglieder und vieler Menschen in der Bevölkerung haben wir in den vergangenen Jahren und Monaten stichhaltige Argumente gegen die geplanten Anlagen gesammelt und vorgetragen. Dies hat bereits dazu geführt, dass der Altus AG die Ablehnung in Aussicht gestellt wurde, sollte sie nicht Anträge nachreichen, die darauf hinauszielen, dass auf dem Hümmerich geschützte Arten wie zum Beispiel der Rotmilan getötet werden dürfen. Kein Wunder, dass Altus das lieber hinter verschlossenen Türen halten will. Das Tötungsrisiko geschützter Arten aber hinzunehmen, verstößt nicht nur gegen selbstverständliche Grundsätze des Naturschutzes, sondern ganz konkret auch gegen geltendes europäisches Recht und aktuelle, höchstrichterliche Rechtsprechung. Sollte es tatsächlich zu einer Genehmigung der Windräder unter dieser oder anderer Prämissen kommen, wird die BI mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorgehen!
Was bedeutet die Umstellung vom förmlichen auf das vereinfachte Verfahren?
Nun, das heißt zunächst einmal, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, sofern die Kreisverwaltung nicht im Rahmen der Transparenzgesetzgebung doch noch Möglichkeiten sieht, die Bevölkerung auf ihrem Weg zur Entscheidungsfindung einzubeziehen. Aber feststeht, dass alles, was bisher an Antragsunterlagen bekanntgegeben wurde und bislang noch auf dem UVP-Portal nachlesbar war, verschwinden soll. Dem Bürger wird es damit kaum mehr möglich sein, sich selbst ein Bild über die Altus-Pläne – und über das Aushebeln des Tötungsverbots unserer bedrohten heimischen Tierarten – zu verschaffen. Gravierender jedoch ist: Im vereinfachten Verfahren entfällt die Umweltverträglichkeitsprüfung!
Was bedeutet das?
Altus hat kein Interesse daran, dass zu viel von dem, was die Betroffenen im Umfeld des Hümmerich erfahren wollen, bekannt wird. Man will nicht, dass es erneut Einwendungen aus der Bevölkerung hagelt, dass zu viele sehen, was alles mit den geplanten Windrädern auf dem Hümmerich im Argen liegt. Man will nicht, dass sich die Menschen aufgrund dessen wehren können und – um den Preis von Natur- und Landschaftsschutz – das gewinnversprechende Projekt verhindern könnten. Daneben geht es noch um Haftungsfragen, vereinfachte Inbetriebnahme und einiges mehr. Doch die BI Hümmerich wird ein Auge darauf haben. Wir und die anerkannten Naturschutzverbände, die sich bereits gegen Windräder auf dem Hümmerich ausgesprochen haben, können aktuelle Informationen zum Fortgang des Verfahrens anfragen und zu eventuellen nachgereichten Unterlagen Stellung nehmen. Das ist im Moment wenig, aber immerhin etwas.
Warum reicht für zwei Windräder das vereinfachte Verfahren, wenn nachher doch ein drittes oder mehr nach-beantragt werden können?
Das entspricht einer für uns nicht nachvollziehbaren Arithmetik des Gesetzgebers: Schon ein Windrad bedroht durch seine Errichtung und seinen Betrieb die Natur und den Menschen. Aber erst ab dem dritten Windrad eine öffentliche Beteiligung zuzugestehen, entbehrt jeder Logik. Und die Gefahr besteht deutlich: Sind erstmal zwei genehmigt und gebaut worden, sind Schwarzstorch, Rotmilan, Wespenbussard, Haselhuhn und seltene Fledermäuse erst vertrieben, lassen sich die anderen einfach nachbeantragen. Dann müsste zwar der ganze „Windpark“ auf Umweltverträglichkeit geprüft werden – aber dann wäre das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Verrückt!
Was geschieht mit den Einwendungen, zu denen die BI die Bürger aufgerufen hat?
Laut Kreisverwaltung werden die Einwendungen im Verfahren berücksichtigt, da man im Rahmen des „Amtsermittlungsgrundsatzes“ die vorliegenden Informationen zur Sachverhaltsermittlung heranziehen und auch prüfen müsse. Es erfolge aber dann kein Erörterungstermin mehr, da, bei korrektem Ablauf in der jetzigen Form gar Einwendungen vorgelegen hätten und im vereinfachten Verfahren kein Erörterungstermin vorgesehen ist.
Viele der rund 150 Einspruchsführer gegen die Windräder fühlen sich angesichts dessen „hinter die Fichte geführt“, befürchten, dass ihre Einwände, weil nicht mehr öffentlich behandelt, unter den Tisch fallen, hinter verschlossenen Türen nicht adäquat behandelt oder in ihrem gegenteiligen Sinne verwendet werden könnten. Die BI Hümmerich unterstellt das nicht und vertraut auf ein ordnungsgemäßes Verfahren bei der Kreisverwaltung.
Aber: Altus selbst hat ganz im Anfang das förmliche Verfahren beantragt, und bereits zu Beginn der Offenlegungsphase war klar, dass aktuell keine drei, sondern nur zwei Windräder beantragt sind. Die Umstellung des Verfahrens zum jetzigen Zeitpunkt stellt eine Missachtung der persönlichen Leistung all jener dar, die ihre Einwendungen zum Teil mit großem persönlichen Aufwand formuliert haben und im Rahmen ihrer demokratischen Möglichkeiten versucht haben, bei der Entwicklung unseres Gemeinwesens mitzuwirken. Sie sollten ein Recht darauf haben zu erfahren, welchen Einfluss ihre persönliche Stellungnahme hat. Daher ist die Entscheidung, das Verfahren zum jetzigen Zeitpunkt umzustellen, wenn auch gesetzlich möglich, so doch politisch ungeschickt und ethisch-moralisch fragwürdig. Bleibt abzuwarten, ob und wie sich die Verantwortlichen aus der Politik damit auseinandersetzen werden.
Altus hat mit einer Umfrage versucht zu belegen, dass es eine Mehrheit für Windräder auf dem Hümmerich gibt. Was ist davon zu halten?
Altus folgt damit, wie bei auch der gewünschten Verfahrensumstellung, dem Prinzip Täuschen, Tarnen, Vertuschen. Die BI-Hümmerich hat Altus gebeten, ihr die Umfrage zukommen zu lassen, um sie zu prüfen. Das wurde abgelehnt. Man wolle sie selbst erst mal medial aufbereiten, hieß es. Auch wenn wir nichts bekommen, werden wir eine Analyse anhand der uns vorliegenden Informationen erstellen. Ohne der vorgreifen zu wollen, empfehlen wir dem interessierten Leser einschlägige Literatur, wie zum Beispiel das Buch „So lügt man mit Statistik“ von Wolfgang Krämer, erschienen im Campus-Verlag, um die vorgelegten Zahlen selbst einschätzen zu können.
Foto: Die Kreisverwaltung hat bei dem Antrag für den Bau von Windrädern auf dem Hümmerich das Verfahren auf „vereinfacht“ umgestellt.