Spiegelzelt in Altenkirchen

The Bavarian Classic Jazzband war am Mittwochabend ein wahrer Hörgenuss. Da kamen selbst Personen ins Schwärmen die musikalisch sonst nichts oder nur sehr wenig mit der Jazz Musik zu schaffen haben. Sieben Musiker etwas älteren Semesters, das allerdings traf auf die Lords, die am Montag die Woche eröffneten auch zu, und eine Sängerin betraten die Spiegelzeltbühne, stellten sich durch den Ostfriesen, Heye Villechner, der das Schlagzeug bediente, vor. So erfuhren die Besucher dass Petra Fierlbeck den Gesang liefert, Heinz Dauhrer Trompete, Torsten Plagenz Klarinette und Saxophon, Fritz Stewens die Posaune, Charly Thomass das Piano, Manfred Arriva Zöbisch das Banjo und Knalle Wall die Tuba spielt. Mit munteren und heiteren Sprüchen stellten sie ihre Stücke vor und erzeugten streckenweise Szenenapplaus, so begeistert waren die Spiegelzeltbesucher von der Musik der „Sieben“ und insbesondere von ihren Solis. Sie mussten, wie auch die Lords am späten Montagabend, ihre Zugaben präsentieren. Die Lords waren auf die Bühne gekommen und hatten sich mit verschmitztem Lächeln auf vier Stühle gesetzt. „Wir sind halt alte Männer“ kam die wohl nicht ganz ernst gemeinte aber durchaus verständliche Begründung. Für die Jazzer war das gar kein Thema, für sie ist das Musizieren auf „bequemen“ Stühlen selbstverständlich. Nur die Solisten stellen sich kurzfristig aufrecht vor das Mikro. Die Lord-Opas stellten sich schließlich doch hin, denn auf den Stuhl über die Bühne stampfen dürfte etwas schwer fallen. Die Lords zeigten mit Volldampf dass sie noch voll drauf sind und mithalten können. Eine der ältesten Rockformationen, von denen Leo Lietz das Lord Urgestein ist, heizt im Altenkirchener Spiegelzelt so richtig ein, oder, wie man heute sagt: rockt Altenkirchen. Drei Stunden präsentieren die Lords, zu denen Bassist Bernd Zamulo, Gitarrist Jupp Bauer und Schlagzeuger Philippe Seminara gehören, alte Ohrwürmer wie Poor Boy und andere Welthits. Dienstag fand das Kontrastprogramm mit dem Kabarettisten Wilfried Schmickler und den beiden Nordmännern Team & Struppi, Moritz Neumeier und Jasper Diedrichsen seine Aufführung. Die beiden Schleswig Holsteiner legten mit ihrer politischen Satire los als gelte es ein Dreistundenprogramm in einer halben Stunde zu absolvieren. Moritz und Jasper sprachen streckenweise schnelle als die Ohren der Besucher hören und aufnehmen konnten. Nicht viel Unterschied gab es, was die Sprechgeschwindigkeit angeht, zum Kabarett Profi Wilfried Schmickler. Seine Vorpremiere absolvierte er ein weiteres Mal in Altenkirchen und das Publikum war begeistert wie er die Politik an den Pranger stellte, unbequeme Dinge gnadenlos ausposaunte. Mit seinen drei Varianten der Gestaltung, Gespräch am Mikro, politischer Gesang und Vortag am Rednertisch gefielen und brachte auflockernde Abwechslung ins konzentrierte Zuhören der Spiegelzeltbesucher. Den Übergang zur zweiten Spiegelzeltwoche hatte Wladimir Kaminer, der russische Schriftsteller mit seinem trockenen Humor und die die Band Nastja &die Orloves geboten. Die Drei Personen Band spielte sich in die Herzen der Gäste und Nastjas Stimme verleitete zum Träumen. Nicht mehr in die Herzen reden musste sich Wladimir, die hatte er offensichtlich schon vor Jahren, bei seinem ersten Besuch in Altenkirchen erobert. Seine Fangemeinde war hellauf begeistert, applaudierte wenn noch nichts geschehen war. Er, sich offensichtlich seiner Position bewusst, kostete das aus. Bei der Vorstellung dass er Schriftsteller als Beruf angibt kommt einem die Frage auf ob er nicht besser in der Kategorie Comedian besser angesiedelt wäre. Diesen Part scheint er aber ebenso gut wie das geschriebene Wort drauf zu haben, das gesprochene Wort. Dabei ist es fast belanglos wovon er spricht, die Hauptsache ist, dass er spricht. (wwa) Fotos: Wachow