RHEINLAND-PFALZ – Öffnungen der Geschäfte an Sonntagen sind für Beschäftigte im Handel eine zusätzliche Belastungen
RHEINLAND-PFALZ – Öffnungen der Geschäfte an Sonntagen sind für Beschäftigte im Handel eine zusätzliche Belastungen – Auch die vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di stellt fest, dass die Auswirkungen des Corona-Virus über alle Branchen hinweg spürbar sind und die damit verbundene Krise Wirtschaft und Gesellschaft vor große Aufgaben stellt. Nicht nur Unternehmerinnen und Unternehmer sind in ihrer Existenz bedroht, sondern auch sehr viele Beschäftigte und deren Familien, die derzeit mit Kurzarbeitergeld ihren täglichen Lebensunterhalt bestreiten müssen, so auch die Beschäftigten im Handel.
In Gesprächen mit Vertretern der Handelsverbände des Einzel- und des Groß- und Außenhandels, gab man ver.di klar zu verstehen, dass es keine Bereitschaft gibt, über eine tarifliche Lösung zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes zu verhandeln, man wollte aber im Gegenzug die 2. Stufe der in 2019 verhandelten Tariferhöhung, die in 2020 in Zahlung kommt, aussetzen.
Grundsätzlich sind Öffnungen der Geschäfte an Sonntagen für Beschäftigte im Handel zusätzliche Belastungen. Beginnend bei der Frage wer arbeitet freiwillig, über, einzelne müssen erklären, warum sie schon wieder an einem Sonntag nicht freiwillig arbeiten, bis hin zu der Frage, wer kümmert sich in der Zeit um die Kinder oder andere Angehörige, die zu versorgen sind. Der komplette Ablauf, der normaler Weise an einem Sonntag in der Familie stattfindet, wird gestört. Menschen, die über die ganze Woche montags bis samstags von 7:00 bis 22:00 Uhr für die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden zur Verfügung stehen, haben es verdient, an Sonntagen im Kreis ihrer Familie zur Ruhe zu kommen. Dies ist in Zeiten der Pandemie wichtiger denn je.
Noch vor wenigen Wochen wurden die Heldinnen und Helden des Alltags beklatscht und hoch anerkannt, dass sie täglich ihre Gesundheit für alle anderen Bürgerinnen und Bürger riskieren, um deren Bedürfnisse zu decken. Jetzt soll einem Teil von ihnen dies gedankt werden, indem sie an Sonntagen zusätzlich zur Arbeit kommen sollen, bestmöglich noch an allen vier Sonntagen in der Adventszeit, wenn der Trubel und die Anforderungen unter der Woche ohnehin schon stärker sind, als in der übrigen Jahreszeit. Hier benötigen die Beschäftigten im Handel erst recht die freien Sonntage zur körperlichen und seelischen Erholung.
In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Schaffung eines zusätzlichen Verkaufstages für Kunden und Beschäftigte auch ein weiterer Tag bedeutet, an dem sie dem Risiko einer möglichen Ansteckung mit dem Virus ausgesetzt sind. Auch hier fehlt uns jedes Verständnis, wenn die Bevölkerung auf der einen Seite aufgefordert wird zu Hause zu bleiben, um sich und andere zu schützen und andererseits will man sie mit der Möglichkeit an Sonntagen einzukaufen, zu Hauf in die Städte locken.
„Wir haben derzeit in Rheinland-Pfalz rund 400.000 Menschen in Kurzarbeit. Hinzu kommt die hohe Verunsicherung, niemand weiß was noch kommen mag. Auch viele Beschäftigte im Handel sind derzeit, zum Teil auch bis Jahresende und darüber hinaus, in Kurzarbeit. Für uns lässt sich jedoch angeordnete Kurzarbeit und zusätzliches Arbeiten an Sonntagen nicht vereinbaren“, so Landesbezirksfachbereichsleiterin Monika Di Silvestre.
Derzeit gehen viele Menschen nur das Nötigste einkaufen. Zum einen sind die Bürgerinnen und Bürger noch vorsichtig und zum anderen bereitet es ihnen kein Vergnügen, sich unnötig mit Mund- und Nasenschutz in den Geschäften aufzuhalten. Zudem stellt ver.di fest, dass nicht die Beschäftigten im Handel schuld daran sind, dass Unternehmerinnen und Unternehmer wegen den langen Schließungen in existenzielle Nöte geraten, das ist alleine das Verschulden der Geschäftsgebaren der Händlerinnen und Händler selbst. Wer seine Geschäfte so knapp kalkuliert und deshalb eine Krise wie diese bei allen Hilfsmitteln, die durch die Politik zur Verfügung gestellt wurden, nicht besteht, hat falsch gerechnet. Die Antwort darauf kann jedenfalls nicht sein, die Beschäftigten im Handel sonntags zusätzlich arbeiten zu lassen.
„Wir können nachvollziehen, dass die Umsatzeinbußen und die damit ausbleibenden Gewinne für die Kommunen, Einbußen bei den Gewerbesteuern bedeuten, was in der Folge zu weiteren Problemen für die Aufgaben der Kommunen bedeuten. Es kann aber nicht die Aufgabe des Handels und dessen Beschäftigten sein, diese politische Schieflage gerade zu ziehen und an dieser Stelle soll auch mal ganz klar gesagt sein: Gesundheit vor Profit!“, ergänzt Monika Di Silvestre.
Über allem steht jedoch, dass über die Öffnung der Geschäfte an Sonntagen ohne Anlassbezug gesprochen wird, was grundsätzlich ungesetzlich wäre. Hier drängt sich der Verdacht auf, dass die Pandemie jetzt dafür genutzt werden soll, um über die Hintertür endlich das durchzusetzen, wo man seit vielen Jahren keinen Erfolg hatte.
„Wir wollen hier wiederholt hervorheben, dass der freie Sonntag für alle Bürgerinnen und Bürger ein hohes und schützenswertes Gut ist. Die finanzielle Schieflage der Unternehmerinnen und Unternehmer liegt nicht in der Verantwortung der Beschäftigten im Handel und die Lösung des Problems ist Aufgabe der Unternehmerinnen und Unternehmer sowie der Politik“, sagt Monika Di Silvestre abschließend.