REGION – Carsten Zeuch zur Zukunft der Gesundheitsversorgung – Reform mit Blick auf die Region AK-NR.
REGION – Carsten Zeuch zur Zukunft der Gesundheitsversorgung – Reform mit Blick auf die Region AK-NR.
Wir müssen in diesen Zeiten das Gesundheitssystem neu denken. So wie es jetzt ist, ist es nicht mehr tragbar und zum Nachteil der Patienten sowie Ärzte und Pflegepersonal. Wir benötigen weiterhin eine qualitative Grundversorgung (Notfallversorgung wie u.a. Notaufnahme, Geburtshilfe, Innere Medizin, Chirurgie, Intensivstation) durch Krankenhäuser die gewährleistet sein muss. In Zeiten von schließenden Krankenhäusern benötigen wir umso mehr, ergänzend eine Anbindung an spezialisierte Kliniken sowie Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten. Medizinische Versorgungszentren sowie intersektorale Zentren können ein Krankenhaus auch nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Ein Krankenhaus mit Notfallversorgung, OP-Kapazitäten und stationärer Behandlung ist für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung unverzichtbar.
Es braucht eine Kombination aus Investitionen in bestehende Krankenhäuser, Förderungen für ländliche Versorgungsmodelle (z.B. mobile medizinische Teams) und eine Reform der Krankenhausfinanzierung, um Grundversorger wirtschaftlich abzusichern. Leider ist die letzte Reform nicht zu Ende gedacht und zielt zudem auf Zentralisierung, Abbau und Bevorteilung der Konzernmedizin ab.
Ebenso leidet die Basisversorgung, weil das Abrechnungssystem zu einer Fehlsteuerung führt, weil lukrative Eingriffe priorisiert werden. Die Grundversorgung muss kostendeckend refinanziert werden – insbesondere Notfallversorgung, Geburtshilfe und Pädiatrie. Basis- und Notfallversorgung sollten teilweise über Vorhaltepauschalen finanziert werden, nicht über Fallpauschalen.
Der Bürokratieaufwand ist ebenso eines der größten Schreckmonster für behandelnde. Hier muss mit einer Vereinfachung der Abrechnung entgegengewirkt werden. Weniger Detailprüfung für Standardleistungen. Digitalisierung nutzen, aber auch richtig einbinden, denn automatisierte Dokumentation kann Ärzte entlasten. Es gibt hier jedoch noch ein Defizit sowie Unkenntnis der Anbieter.
Es gibt weiterhin eine große Diskrepanz bei der regionalen Gerechtigkeit und der Krankenkassenstruktur. Ich finde, alle Kassen müssen sich an den Vorhaltekosten beteiligen (Private, Berufsgenossenschaften). Die Überschussfinanzierung der Privaten dient nicht der allgemeinen Vorhaltung und ist daher immer ein Gegenargument der PV Versicherungen und gewinnorientierten Personen. Eine Alternative wäre z.B. eine Reduzierung der gKV auf max. zehn die miteinander konkurrieren, zu der Konkurrenz der PV, die dann sicher in Beiträgen und Renditeausschüssen sich angleichen muss und weniger Honorare ausgeben kann, wird das System wahrscheinlich stabilisieren können und die Zweiklassenmedizin angleichen. Bei einer Bürgerversicherung habe ich bedenken, dass die staatliche Einflussnahme auf die Versorgung und Behandlungsfreiheit sich ausprägt.
Statt Beitragssenkungen für unterversorgte Regionen, wären gezielte Investitionen in die Gesundheitsinfrastruktur sinnvoller und die Einsparungen aus Steuerverschwendung, Verwaltungsapparatreduktion in gKV und Kliniken würde genug Finanzmittel zur Verfügung stellen.
Wenn es vor Ort eine bessere Versorgung gibt, müssen Patienten weniger weite Wege in Kauf nehmen. Leider gibt es Regionen, wo der Grundversorger teils ca. 60 bis 90 Minuten entfernt ist, das möchte ich hier einfach nicht erleben.
Wir müssen auch im Bereich der Arbeitsbedingungen sowie Ansiedlung von Ärzten im ländlichen Raum dringend gegensteuern. Flexiblere Dienstmodelle, mehr Entlastung durch zusätzliche Pflegekräfte und Ärzte, statt Ausbau der Verwaltungsbäume. Zudem Arbeitsverteilung durch Digitalisierung, Schreibkräfte, Hotelpersonal, Pflegehelfer und Gesellschaftsjahr. Tarifliche Anreize, ebenso wie mehr Mitsprache der Mitarbeiter bei Entscheidungsprozessen. Weniger Auflagen an die Angestellten bzgl. innerbetrieblicher Abläufe. Konstruktive Dialoge ohne abfällige Äußerungen der Führungskräfte.
Stipendien für Medizinstudenten mit Studium im In- und Ausland mit anschließender Verpflichtung, einige Jahre auf dem Land zu praktizieren, können sehr erfolgreich sein. Jedoch eine Deckelung und Budgetierung sowie das Regresswesen und die Einschränkung der Handlungsfreiheit durch die KV sind Killer für die Niederlassung, egal in welchem Fachgebiet. Zudem müssen die Kosten und die Infrastruktur für Ärzte für Praxisgründungen oder Übernahme durch Förderungen erleichtert werden. Derzeit belaufen sich die Kosten auf teils 750.000 bis 1.000.000 Euro. Wenn dann KV Abrechnung erfolgt, ist eine Amortisierung nach 25 Jahren noch nicht möglich, weil diese durch Personalkosten, Energie, Miete etc. nicht umfassend gedeckt werden. Der Arzt hat letztlich nur die Privatpatienten für sein eigenes Auskommen. Carsten Zeuch