Portrait einer Herbergsmutter
KOBLENZ – Elisabeth Obst – Portrait einer Herbergsmutter – Bereut hat Herbergsmutter Elisabeth Obst ihren Entschluss, ihren gelernten Beruf als Augenoptikerin aufzugeben und noch mal etwas ganz anderes zu machen, nie. Die Arbeit an einem der schönsten Plätze im Weltkulturerbe, dem Mittelrheintal, macht ihr Spaß, obwohl eine 40 Stunden Woche oder ein acht Stunden Tag hier nicht die Regel sind.
Die sportliche Mittfünfzigerin, die mit ihrem Mann am liebsten Motorradurlaube auf der Isle of Man verbringt, ist eine Hotelmanagerin. Die Jugendherberge auf der Festung Ehrenbreitstein verfügt über 157 Betten und 57 Zimmer. Hier arbeiten 16 bis 20 Mitarbeiter im Schichtdienst. Meist Frauen, wenn man mal vom Koch und dem Hausmeister absieht. Hin und wieder meldet sich mal ein Praktikant. Lehrlinge sind keine da. Herbergsmutter ist auch kein Lehrberuf. Als Quereinsteigerin hat es sich bei Elisabeth Obst eben so ergeben. Allerdings steckte auch viel harte Arbeit dahinter. 1992 ist sie auf die Festung als Assistentin in die Rezeption gekommen und hat sich mit Seminaren und Workshops zur Bereichsleiterin hochgearbeitet. Später, als ihre damalige Chefin in Mutterschutz ging, übernahm sie die Leitung. Während der Umbauzeit arbeitete sie in verschieden Einrichtungen des Jugendherbergswerkes, unter anderem in Diez und Montabaur. Die dort gesammelten Erfahrungen brachte sie ein, als sie am 28. Dezember 2010 ihre Arbeit in dem für rund 20 Millionen renovierten Haus auf der Festung Ehrenbreitstein übernahm.
Es war ein anstrengender Einstieg, denn als am 16. April 2011 die BUGA eröffnet wurde, war das Haus ständig ausgebucht und hunderte Gäste kamen an sonnigen Tagen nur mal auf einen Sprung vorbei, um auf der Terrasse eine Pizza oder einen Flammkuchen mit Blick auf das Deutsche Eck zu essen.
Die Koblenzer Jugendherberge galt als Geheimtipp für leckeren, preiswerten Kuchen. Den Kuchen gibt es immer noch und was die Buchungen betrifft, hat sich auch fast nichts verändert. Die Gäste sind allerdings nicht mehr die spontanen Wandersleute und nur Schulklassen. Den Schwerpunkt bilden heute die Familien, Seminargäste, Musikgruppen, Chöre und die Gäste, die die Sonderprogramme wie Advent, Ostern, Silvester und Halloween gebucht haben. Auch hier ist das Haus auf Jahre ausgebucht.
Auch Rollstuhlfahrer finden auf der barrierefreien obersten Etage ein Sechsbettzimmer: das hat vor kurzem einen Familienvater im Rollstuhl sehr gefreut, der noch nirgends mit seiner Familie in einem Zimmer wohnen konnte. Das von der IHK zertifizierte Haus kann es mit jedem Luxushotel aufnehmen. Von der jahreszeitlichen Dekoration der Räume über die Ausstattung der Badezimmer bis hin zur Kunst an den Wänden. Wer über die Mauer auf das Deutsche Eck bei Dunkelheit schaut, dem wird der Blick auf die erleuchtete Rhein-Moselstadt unvergesslich bleiben.
Diesen Ausblick hat Elisabeth Obst in ihrer Dienstwohnung jeden Tag, wenn sie aus dem Fenster schaut. Aber manchmal, wenn es mal wieder ganz turbulent war, genießt sie auch die Ruhe in der gemütlichen Eigentumswohnung in der Stadt, wo unter der Woche ihr Mann wohnt. Wenn man auf der Festung wohnt, ist der Weg zur Arbeit irgendwo in Koblenz doch manchmal recht umständlich.
So eine Fernbeziehung, auch wenn es Luftlinie gar nicht so weit ist, hält die Liebe frisch. Umso mehr freut man sich wieder auf die kleinen Motorradtouren in die Region. Herbergsmutter Elisabeth Obst arbeite ja da, wo andere Urlaub machen und das Mittelrheintal ist nicht umsonst von der UNESCO als Weltkulturerbe ausgezeichnet. (mabe) Fotos: Becker