NEUWIED – Katrin Pütz wird Preisträgerin der Johanna Löwenherzstiftung
NEUWIED – Katrin Pütz wird Preisträgerin der Johanna Löwenherzstiftung
Das was ich mir erträumt habe – dass unabhängige Geschäftspartner in Afrika die Sache selbst in die Hand nehmen – ist gelegt“ lässt die frischgebackenen Löwenherzpreisträgerin in ihrer Dankesrede bei der festlichen Preisvergabe im Neuwieder Röntgen Museum wissen. Die Vierzigjährige Agrarwissenschaftlerin aus Neuhäusel im Westerwaldkreis sollte den Preis, der von der Johanna Löwenherzstiftung alljährlich an verdiente Frauen verliehen wird, schon im Jahr 2019 bekommen. Die offizielle Preisübergabe und die damit verbundene Feier mit vielen Gästen im März 2020, wurde wegen der beginnenden Pandemie abgesagt. Um so größer war die Freude beim Nachholtermin, in wesentlich kleinerem Kreis, aber damit nicht minder feierlich. Pianist Dominik Stangier aus Betzdorf leitete virtuos am Flügel die Feierstunde ein, gefolgt von einem Imagefilm über den Werdegang der Preisträgerin. Katrin Pütz hat in den letzten Jahren mit ihrem Biogasrucksack und ihrem Social Business (B)energy auf sich und vor allem ihr ehrgeiziges Geschäftsmodell aufmerksam gemacht. Bereits im Studium der Agrartechnik in Hohenheim, hat sie sich mit Biogas beschäftigt und das als Technologie mit viel Potential für die Länder des Globalen Südens erkannt. Über ihr Start-up vertreibt sie mobile Biogastechnik aus Biogassackanlage, Biogasrucksack und Biogasbrenner – an lokale Geschäftspartner und -innen. Begonnen hat alles in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba.
Ihr Ziel ist es, Menschen in ländlichen Regionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas Zugang zu sauberer, innovativer und ökologischer Kochenergie zu verschaffen. Entscheidend ist dabei, dass die lokalen Unternehmer selbst Verantwortung für die Energieprobleme in ihren Ländern und für einen nachhaltigen lokalen Wandel übernehmen. Bei einem Social Business geht es nicht darum, den Gewinn zu maximieren, sondern zu reinvestieren und damit den Impact zu erhöhen. Wichtige Akteure vor Ort sind Importeure, Installateure und Gasproduzenten in den entsprechenden Ländern. Alle sind unabhängige Unternehmer, die entweder die technischen Komponenten im Land verfügbar machen, sie vermarkten und installieren oder eine Kombination aus diesen.
Die Gasproduzenten sind typischerweise die Kunden der Installateure. Sie werden zu Biogas-Unternehmern, indem sie in mobile Biogastechnologie investieren. Sie produzieren Gas, füllen es in die Biogas-Rucksäcke und verkaufen es. Der Markt ist groß genug, man kann also theoretisch koexistieren. Eine große Gefahr ist allerdings die Zerstörung des Marktes durch die Eingriffe von Hilfsorganisationen, die die Technik, die wir versuchen zu verkaufen, einfach verschenken.
Die Technik beschreibt sich so: „Ein Rechner fragt ab, wie viele Kühe und wie viel Küchenabfall sie haben und welche Temperaturen an warmen und kalten Tagen herrschen. Er rechnet dann aus, wie viel Gas sie daraus produzieren können und wie groß die Anlage sein muss. Dann fragt er im nächsten Schritt ab, wie aktuell gekocht wird. Dann bekommt der Installateur angezeigt, wie viel Biogas-Äquivalent sie dafür produzieren müssten oder brauchen würden und was dieses Gas wert ist. Eigentlich eine simple Technik, die die Umwelt schont“, erklärt Katrin Pütz. Sie hat nach einer Schreinerlehre, Umweltwissenschaften studiert und fand es schon als Kind ziemlich ärgerlich, wenn ihre Mutter für kurze Strecken durch das Westerwälder Heimatdorf Dorf mit dem Auto gefahren ist. Sie wäre auch als Klimaaktivistin auf der Straße gegangen, wenn ihre Zeit nicht so knapp wäre. Bisher verwende sie das Klimaargument aber bei afrikanischen Bauern, ihren Geschäftspartnern nicht als Verkaufsargument, um sie dazu zu bringen, das Klima zu schonen.
Afrika hat großes Glück jetzt erst damit anzufangen, eine Energieinfrastruktur aufzubauen. Man hat noch die Möglichkeit es klimafreundlich zu gestalten, aber es muss sich finanziell lohnen, lässt die Erfinderin wissen. Hilfe zur Selbsthilfe leisten sei wichtiger als Subventionen nach Afrika und andere Entwicklungsländer zu schicken. Eine Laudatio, von der wegen Krankheit verhinderten Wirtschaftsingenieurin Elisabeth Baumann, vorgelesen von Frau Fries, der Schwester der Preisträgerin macht klar, welches Vorbild die Preisträgerin ist, die ihr Wissen für die Verbesserung der Lebensbedingung von Frauen einsetzt. So hätte sich das auch die Stifterin Johanna Löwenherz gewünscht.
Es sollten Frauen den Preis erhalten, die sich ungeachtet von religiöser und politischer Herkunft für andere Frauen einsetzen. Ob sie sich nun in wissenschaftlicher, künstlerischer oder literarischer Hochleistung hervortun, oder mutig Position gegen Unrecht gegenüber Frauen beziehen. Katrin Pütz ist damit eine würdige Preisträgerin, die mit Ihrer Erfindung ein Vorbild besonders für junge Frauen ist, von denen es noch viel zu wenig in Mint-berufen gibt. Das ließ die Geschäftsführerin der Stiftung Doris Eyl-Müller bei Ihrer Ansprache wissen. Nach Laudatio, einer WDR Dokumentation „Biogas to go„, der Preisverleihung und den Dankesworten von Katrin Pütz, folgte noch ein Musikvortrag bevor die Gäste aus Politik, Wirtschaft und der Familie der Preisträgerin zum geselligen Teil im Untergeschoss bei Wasser, Wein und Kulinarischen noch über dies und das austauschen konnten. (mabe) Fotos: Marlies Becker