MdL Dr. Peter Enders referierte beim katholischen Männerwerk
WISSEN – Gesundheitssystem steht unter ständigem Anpassungsdruck – MdL Dr. Peter Enders referierte beim katholischen Männerwerk – Die Zukunft des Sozialstaats Deutschland und seines Gesundheitssystems stand im Mittelpunkt des Monatstreffens beim katholischen Männerwerk in Wissen. Als Gastreferent begrüßte Vorsitzender Heinz Mentz Dr. Peter Enders aus Eichen, Wahlkreisabgeordneter der CDU im Landtag von Rheinland-Pfalz und dort Vorsitzender des Ausschusses für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie.
Enders erinnerte in seinen Ausführungen an die Anfänge des Sozialstaates, die noch im 19. Jahrhundert zu suchen sind. Heute habe Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern in Europa und weltweit höchste Standards, insbesondere mit Blick auf die medizinische Versorgung. Allerdings: „Der medizinische Fortschritt in den letzten Jahrzehnten hat dazu beigetragen, dass das Machbare und Wünschenswerte zunehmend nicht mehr bezahlbar ist“, so der Gesundheitspolitiker und Mediziner. Gleichwohl sei es wichtig, dass auch in Zukunft jeder in Deutschland Zugang zu einer guten medizinischen Versorgung habe, unabhängig von Einkommen, Alter oder gesundheitlichen Zustand. Enders‘ Appell: Um Beitragserhöhungen oder Leistungseinschränkungen zu vermeiden, komme es langfristig darauf an, den Gedanken der Eigenverantwortung und Prävention in der Bevölkerung zu stärken.
Dabei steht das Gesundheitssystem unter laufendem Anpassungsdruck: Die wachsende Zahl älterer Menschen, der rasche Fortschritt in der medizinischen Forschung, gleichzeitig die abnehmenden Bereitschaft junger Mediziner, Hausarztpraxen im ländlichen Raum zu übernehmen, gehörten zu den Herausforderungen. „Dafür müssen wir die Attraktivität des Hausarztberufes steigern. Die vorherige Bundesregierung hat bereits mit dem Versorgungsstrukturgesetz Anreize gesetzt. Um die Versorgung in dünn besiedelten Gebieten sicher zu stellen, wird man in Zukunft auch zunehmend die Telemedizin ausbauen müssen“, prognostizierte Enders im Wissener Pfarrheim.
Der Frage, die man sich nicht nur bei den Mitgliedern des Wissener Männerwerkes immer öfter ganz konkret stellt, ging Enders schließlich ausführlich auf den Grund: Wie lockt man Ärzte aufs Land? Nach einer Untersuchung der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz ziehen derzeit nur vier Prozent der Medizinstudenten der Universität Mainz überhaupt in Erwägung, im Westerwald ärztlich tätig zu werden. Zwei Drittel der Medizinstudenten seien mittlerweile Frauen, denen nach Studienabschluss die Vereinbarkeit von Beruf und Familie am Herzen liege. Enders geht davon aus, dass langfristig die Zahl der Studienplätze bei hohem Bewerberandrang erhöht werden muss, um Abhilfe zu schaffen. Möglicherweise weist auch der Blick in andere Bundesländer den Weg: In Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen beispielsweise gebe es mittlerweile Stipendien für Medizinstudenten, die sich bereit erklären nach dem Examen einen definierten Zeitraum im ländlichen Raum als Arzt zu arbeiten. Der jetzt bereits bestehende Ärztemangel könne nur kompensiert werden durch Ärzte aus dem Ausland, wobei die Sprachkompetenz unverzichtbar sei.
Gleiches gelte für die Pflegeberufe. Eine Studie des Beratungshauses PricewaterhouseCoopers (PwC), so berichtete er, hat die Fachkräftesituation im Gesundheitswesen im Jahr 2012 analysiert und Prognosen bis zum Jahr 2030 festgestellt: „Demnach haben wir im Jahr 2030 rund 400.000 Fachkräfte zu wenig im Gesundheitswesen, wenn nicht gegengesteuert wird. Dabei wird der Fachkräftemangel bei den medizinischen Assistenzberufen, bei den Pflegekräften, noch dramatischer sein als bei den Ärzten.“ Eine Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe sei letztendlich nur zu ermöglichen über eine deutlich bessere Bezahlung.
Dort, wo es nicht mehr gelingt, freiberufliche Hausärzte zur Niederlassung zu gewinnen, erwartet Enders zukünftig vermehrt Medizinische Versorgungszentren (MVZ), die die ambulante Versorgung sicherstellen. Deren Träger können Krankenkassen, aber auch kommunale Gebietskörperschaften sein. Die flächendeckende Einführung von Bereitschaftsdienstzentralen durch die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz seit Beginn dieses Jahres führe zudem dazu, dass sich die Dienstbelastung der niedergelassenen Ärzte deutlich reduziere. Auch für die Kliniklandschaft sagte Enders weitere Veränderungen voraus: Krankenhäuser im ländlichen Raum könnten langfristig nur überleben, wenn sie sich zu Verbünden zusammenschließen. Das heimische Beispiel im Westerwald mit den DRK-Kliniken in Altenkirchen, Hachenburg und Kirchen sowie in Neuwied und Asbach sei richtungweisend.