Infobroschüre zu ursprünglichen Hundearten
BIRKEN-HONIGSESSEN – Neue Infobroschüre zu ursprünglichen Hundearten erschienen –
Biologe Dr. Frank Wörner entführt seine Leser nach Bali, Ostjava und Madagaskar. In einer neuen Informationsschrift der Gesellschaft für Haustierforschung, setzt sich der Biologe Dr. Frank Wörner mit sehr ursprünglichen Hundetypen auseinander. Dabei führt der Autor den Leser in den Großraum des Indischen Ozeans und berichtet von Hunden auf Madagaskar, Bali und Ostjava. Interessant aus Forschersicht ist, dass hier in vereinzelten Gegenden Hunde leben, die auf ihrem Weg vom Wolf zum heutigen Haushund noch auf einem niedrigen Domestikationsniveau stehen Dackel, Pudel und Deutscher Schäferhund sind bereits schon Schulkindern bekannt und hochentwickelte moderne Hunderassen. Aber bitteschön was ist ein Tenggerhund, ein Kintamanihund oder ein Alika Gasy? Nachsehen in den einschlägigen Hundelexika kann man nicht, denn diese Hunde gehören keiner anerkannten Rasse an. Es sind vielmehr Landschläge, die von Menschen gehalten wurden, denen es egal war, wie lang die Schnauze eines Hundes ist, wie seine Rute aussieht oder welche Farbe sein Fell hat. Hunde sollten umgänglich mit dem Menschen, achtsam bei der Bewachung des Hofes oder findig bei der Jagd sein. Wie sie aussahen, spielte keine wichtige Rolle. „Bei diesen Hunden gelingt oftmals ein Blick in ferne Vergangenheiten, wo Hunde noch Hunde sein durften“, sagt Dr. Frank Wörner. „Sie lebten ohne züchterischen Missbrauch mit dem Menschen als Helfer und Sozialpartner.“
Wie kommen eigentlich Hunde nach Madagaskar, auf die indonesischen Inseln oder nach Australien? Diese Frage war lange Zeit nicht geklärt, bis Biologen nachweisen konnten, dass die dort lebenden Hunde keineswegs Wildtiere sind, die man gezähmt hatte, sondern bereits Haushunde waren und von seefahrenden Völkern mitgebracht wurden. Die australischen Dingos, wahrscheinlich ausgebüchst, verwilderten komplett wieder, während anderswo die Hunde die Nähe zum Menschen beibehielten, sich aber eine größere Eigenständigkeit bewahrten.
Pariahunde heißt der Sammelbegriff und damit sind Hunde gemeint, die das wölfische Dasein bereits verlassen haben, bei denen aber noch viel von ihrem Ahnen zu erkennen ist. Beispielsweise heulen sie und bellen nur sehr wenig. Die Fähe wird nur einmal im Jahr läufig, bei unseren Haushunden ist es meist zweimal im Jahr. Zudem zeigt sie das komplette Verhaltensrepertoire des Hundes, anders als bei heutigen Rassehunden, deren angeborene Verhaltensneigung durch Züchtung manipuliert wurde. Eine Ausbildung und Erziehung zu einem Gebrauchshund ist sehr schwierig. Die Tiere sind zumeist äußerst clever, haben einen eigenen Kopf und sind sie zumeist sehr freiheitsliebend. Es mag aus heutiger Sicht befremdlich erscheinen, aber ein Hund der tagsüber herumstreunt und vielleicht nur abends zu Hause ist, kann etwas ganz normales sein, wenn die menschliche Lebensform dem entspricht. Menschen, die in Gesellschaften leben, die Privateigentum an Grund und Boden in der heutigen Form nicht kennen, denen auch Rechtsbegriffe wie Tierhalterhaftpflicht, Jagdrecht und somit Wilderei fremd sind, die ihre Landschaften auch nicht mir Infrastruktureinrichtungen wie Straßen und Schienenstrecken durchzogen haben, können sich schwer vorstellen, warum ein freier und unangeleinter oder zumindest ein nicht sicher verwahrter Hund ein Problem darstellen sollte.
Pariahunde gibt es heute noch, aber sie sind weltweit in Gefahr. Aber es sind weniger Jagd und Verfolgung, die ihnen zu schaffen machen, als vielmehr unsere heutigen Haushunde. Viel bereitwilliger als Wölfe, paaren sie sich mit ihnen. Insbesondere in den Metropolen, wo es viele Straßenhunde gibt. Deswegen sind es quasi einige der wenigen letzten Refugien, die Dr. Frank Wörner vorstellt. Dabei passt das Thema gut zu der Arbeit, die in der Wolfswinkeler Forschungsstation gemacht wird, denn „Beobachtungen und Forschung an ursprünglichen Hunden standen immer im besonderen Interesse Eberhard Trumlers“, so Wörner.
Bei der Darstellung der Hunde auf Bali und Ostjava, muss der Leser zunächst einmal ein Vorurteil revidieren. Die tropischen Regionen, gerne auch als touristische Ziele in Reisebüros angepriesen, versprechen zwar Sonne und viel Wärme, jedoch gibt es auch Hochgebirge vulkanischen Ursprungs und dort ist es ist sehr kühl. So hat der Kintamanihund, der seinem Namen von einem Dorf hat, das in 1.600 Metern Höhe am Kraterrand des Vulkanes Baturs liegt, ein langes Fell mit warmer Unterwolle. Wer den Hund sieht, würde ihn einer nördlichen Rasse zuordnen. Die Tiere haben auch große Ähnlichkeit mit Spitzen. Ähnliche Hunde sollen auf Ostjava gelebt haben und vielleicht heute dort noch leben. Alte Reiseberichte belegen mit dem Tenggerhund einen weiteren ursprünglichen Landschlag. Seinen Namen verdankt er einem Volk mit rund 600.000 Angehörigen. Die Tengger leben ebenfalls im Hochgebirge um den Gunung Bromo, einem aktiven Vulkan. Allerdings soll der Tenggerhund den alten Berichten zu Folge ausgestorben sein. Dies bezweifelt der Autor und sieht sogar einen Zusammenhang zwischen dem Tenggerhund und dem Kintamanihund. „Es wäre es wert, dies wissenschaftlich zu untersuchen“, meint Dr. Frank Wörner. „Auffallend ist die große phänotypische Ähnlichkeit des Tenggerhundes mit dem balinesischen Kintamanihund. Insbesondere drängt sich die Frage auf, ob der Kintamanihund ein direkter Verwandter des Tenggerhundes ist, oder ob hier wegen der vergleichbaren Lebensbedingungen die Evolution nur gleiches Aussehen bei unterschiedlichen Hundetypen hervorgebracht hat.“
Vorgestellt wird in der Infoschrift auch der Alika Gasy, der auf Madagaskar lebt. Das Wort bedeutet schlicht „Madagassischer Hund“ und wird kurz „Alík gasch“ ausgesprochen. Der Großteil der Hunde, die man in den madagassischen Dörfern antrifft, kann den alten, ursprünglichen Landschlägen zugeordnet werden. Auch sie sind keine auf bestimmte, oft willkürliche Merkmale gezüchteten Tiere. Außerdem verfügen sie über eine sprichwörtliche Gesundheit. Bei seiner Beschreibung der Verhältnisse auf Madagaskar, widmet Wörner sich auch dem „Coton de Tuléar“, der allerdings ein echter Rassehund ist. Er war über Jahrhunderte der exklusive Schoßhund der reichen Bewohner von Tuléar im Süden Madagaskars und hebt sich von dem Alika Gasy, der eigentlich ein Straßenhund der Provinzdörfer ist, deutlich ab. Hier der behütete Schoßhund der Oberschicht, dort der Begleithund der armen Landbevölkerung, der allen Unwägbarkeiten trotzen muss. Der schneeweiße Edel-Hund, der an die Bauwollplüschen (Coton) erinnert, ist verwandt mit dem Malteser. Nach Madagaskar gelangten seine Vorfahren mit der französischen Kolonisation. Noch vor circa 20 Jahren war diese Hunderasse in Europa und den USA unbekannt. Gesellschaft für Haustierforschung e. V.