Hundhausen startete Sommertour durch die heimischen Betriebe
VG KIRCHEN – Hundhausen startete Sommertour durch die heimischen Betriebe – Fachkräftemangel, Gasmangellage und Verkehrsinfrastruktur im Fokus
Was gibt es in den heimischen Betrieben Neues, wo drückt der Schuh und wie kann die Verbandsgemeinde Kirchen helfen? Diesen Fragen will Bürgermeister Andreas Hundhausen bei seiner Sommertour nachgehen. Der weniger volle Terminkalender in der Ferienzeit bietet dem Kirchener Verwaltungschef Gelegenheit, aus dem Alltagsgeschäft herauszukommen und neue Inputs aufzunehmen. Begleitet wird er dabei von dem Leiter der Wirtschaftsförderung und Bauverwaltung Tim Kraft. Mit der Rottler Maschinenbau GmbH in Mudersbach und der Cryotherm GmbH & Co. KG in Kirchen-Euteneuen standen zum Auftakt zwei mittelständische Unternehmen auf dem Programm, die sich technologisch hochspezialisiert haben und weltweit erfolgreich tätig sind.
Empfangen wurden Hundhausen und Kraft von den geschäftsführenden Gesellschaftern Ralph Rottler von Rottler Maschinenbau sowie Peter Siara und dessen Sohn Kilian Siara von Cryotherm. Die Gespräche konzentrierten sich auf die drei Themenbereiche Fachkräftemangel, die drohende Gasmangellage aufgrund des Ukraine-Krieges und die Verkehrsinfrastruktur in der Region.
Der Mangel an Fachkräften sei nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch bei öffentlichen Verwaltungen ein zunehmendes Problem, erklärte Hundhausen. Das spüre man bei eigenen Stellenangeboten genauso wie bei Ausschreibungen. „Gerade bei Dachdeckern und im Sanitärbereich sieht es düster aus“, so Hundhausen. Im gewerblichen Bereich habe man große Schwierigkeiten, Fachkräfte zu bekommen, bestätigte Ralph Rottler. Dabei bilde man selbst breit aus, vom Elektroniker über den Industriemechaniker bis zum Schlosser. Einig war man sich darin, dass sich die Verdienstmöglichkeiten im Handwerk durchaus sehen lassen können. Probleme bereitet der Trend zu höheren Schulabschlüssen. Dabei würden in Deutschland nicht nur Abiturienten gebraucht. Peter Siara glaubt, dass es nach wie vor gute Fachkräfte gebe, man müsse sie aber besser erreichen. Hier könnte die heimische Region noch stärker von Wirtschaft und Verbandsgemeinde beworben werden. Bei Tim Kraft rannte Siara damit offene Türen ein. Der Wirtschaftsförderer baut zurzeit ein Netzwerk für die Verbandsgemeinde Kirchen aus, bei dem auch das Thema der Fachkräftegewinnung eine Rolle spielt. Kraft sprach auch die Möglichkeit von Schulpraktika bzw. Patenschaften an, mit denen einige Betriebe gute Erfahrungen gemacht hätten.
Man teilte die Einschätzung, dass die Verbandsgemeinde bei den Betrieben insgesamt sehr breit und gut aufgestellt sei. Ein Vorteil von Rheinland-Pfalz gegenüber dem angrenzenden NRW seien die kleinteiligen Gebietsstrukturen. Dadurch habe man als Unternehmer kurze Wege zur Verwaltung. Auch die kostenlosen Kita-Plätze seien für junge Familien ein Argument, nach Rheinland-Pfalz zu ziehen. Bei beiden Unternehmen kommt die Belegschaft überwiegend aus dem direkten Umkreis. Durch den ortsnahen Arbeitsplatz sei eine besondere Loyalität zum Standort spürbar, unterstrich Peter Siara.
Indessen spürt man die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs sowohl beim Spezialmaschinenbauer Rottler in Mudersbach als auch beim Behälterbauer Cryotherm in Euteneuen. Dabei ist ein möglicher Gasnotstand nicht einmal das Hauptproblem. Man sei „nur“ bei den Heizkosten betroffen, glücklicherweise aber nicht in der Produktion, so Ralph Rotter, der trotzdem mit erheblichen Mehrkosten kalkuliert. Gravierender sind für beide Unternehmen die massiv gestiegenen Rohstoffpreise, z.B. für Stahl und Aluminium. Da bisher in der Regel mit den Kunden Festpreise vereinbart worden seien, könnten gestiegene Kosten nicht ohne Weiteres weitergeben werden. Bei einer Fertigungsdauer von zwölf Monaten und mehr für eine Maschine können da leicht die Kosten davonlaufen, erläuterte Rotter und kündigte an, dass man bei zukünftigen Aufträgen entsprechend reagieren müsse.
Wenn man aktuell in Mudersbach über Verkehrsinfrastruktur spricht, kommt über kurz oder lang das Thema Ortsumgehung auf den Tisch. Im Januar hatte ein Ortstermin mit der rheinland-pfälzischen Verkehrsministerin Daniela Schmitt bei den kommunalpolitischen Akteuren für Diskussionsstoff gesorgt. Denn die Botschaft war, dass eine Entlastung der Bahnhofstraße einschließlich neuer Anbindung des Gewerbegebietes an die B62 nur im Zuge einer Ortsumgehung zu realisieren sei, wobei vom Land ein ortsnaher Trassenverlauf im Talraum favorisiert wurde. Eine solche Variante stößt bekanntlich in Mudersbach auf wenig Gegenliebe. Dort wird ein Planungsentwurf favorisiert, der eine Anbindung über eine rund 450 Meter lange Schleife vorsieht, die im Bereich der Einmündung Steinstraße auf die B62 treffen würde.
Andreas Hundhausen hält inzwischen die „große Lösung“ mit einer Ortsumgehung durch das Siegtal für kaum durchführbar. Dagegen sprechen die erheblichen Mehrkosten gegenüber der kleinen Variante, die längere Zeitschiene und schließlich auch die fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung. Er habe im Nachgang mehrfachen Kontakt sowohl mit dem Ministerium selbst als auch dem Landesbetrieb Mobilität Diez gehabt, berichtete Hundhausen. Von der Ministerin habe er vor Kurzem die schriftliche Zusage erhalten, dass bei der geplanten Machbarkeitsstudie auf Basis der Umgehungsplanungen beide Varianten geprüft und gegenübergestellt würden. Die diesbezüglichen Ergebnisse müsse man nun abwarten, so der Kirchener Verwaltungschef.
Bei den anschließenden Rundgängen durch die Fertigungshallen konnten sich Hundhausen und Kraft ein Bild von den Produktionsabläufen machen.
- Der Behälterbauer Cryotherm in Kirchen-Euteneuen war nächstes Ziel der Sommertour. (von links): Wirtschaftsförderer Tim Kraft, Bürgermeister Andreas Hundhausen, Geschäftsführer Peter Siara und sein Sohn Kilian Siara.
- Start der Sommertour war beim Maschinenbauer Rottler in Mudersbach. (von links): Bürgermeister Andreas Hundhausen, Geschäftsführer Ralph Rottler und Wirtschaftsförderer Tim Kraft.