Heddesdorfer Pfingstreiter der Tradition folgend unterwegs

Heddesdorf 0602NEUWIED – Heddesdorfer Pfingstreiter – Heddesdorf 0620Waren früher Engers und Heddesdorf eigenständige Städte, gehören sie heute zur Stadt Neuwied. Seit 451 Jahren schon reiten die Heddesdorfer nach Rommersdorf und Engers um den Tribut für das beweiden ihrer Liegenschaften in den Rheinauen einzufordern. Den alten Brauch der Tributzahlung hat Josef Kretzer vom Engerser Bürgerverein in Verbindung mit der Stadtverwaltung und in Abstimmung mit Peter Lenz von den Heddesdorfer Pfingstreitern wieder neu belebt. Die Engerser „Hoffleuthe“ haben die Heddesdorfer Reiter in historischen Kostümen begrüßt. Ein Schäfer in einem weißen Mantel mit einem schwarzen Hund erwartete ebenfalls nach altem Brauch, die Reiter. Das Ganze spielte sich am Pfingstdienstag dem sogenannten Vaddertag der Heddesdorfer Kirmes am Brunnen vor dem Marktplatz in Engers ab. Seit 12:30 Uhr warteten dort gewandte Kinder und Hofleute auf den Tross aus Reiter, Wagen und Gefolge. Da Ross und Reiter überall unterwegs über Rommersdorf und auf dem Feld aufgehalten wird, essen und trinken muss, verlängerte sich die Wartezeit der vielen Menschen vor dem Engerser Schloss um fast eine Stunde. In dieser Zeit konnten sich die Gäste mit mittelalterlichen Spezialitäten und kühlen Getränken verwöhnen lassen. Dann kamen endlich die Heddesdorfer, um den Zins zu kassieren. Nachdem man im Kloster zu Rommersdorf kassiert hatte, weil es alljährlich seine Schafherden vor der Schur durch den Feldbann von Heddesdorf an die Wied zur Wäsche trieb47, freuten sich die Reiter nun den Engersern ihren Besuch zu machen.

In dem Abkommen, das die Heddesdorfer vor 451 Jahren mit der damaligen Stadt Engers getroffen hatten, ging es um die Schafweidgerechtsame „auf dem großen Theilzehnten“, einem an die Engerser Gemarkungsgrenze anstoßenden Grundstück der Heddesdorfer. Als Gegenleistung dafür, dass Engerser Schafe auch auf dem angrenzenden Heddesdorfer Grundstück weideten, musste Engers alljährlich an den selben Tage einigen Heddesdorfer Abgeordneten an dem Brunnen auf dem Teilzehnten ebenfalls ein Frühstück verabreichen. Dazu kam noch eine Besonderheit: Bei dieser Teilzahlung musste ein Schäfermeister in weißem Gewand und mit einem schwarzen Hund anwesend sein. Später hat Engers stattdessen 5 Gulden oder 10 Thaler für das Essen aufgebracht und vier Maß Wein verabreicht. Von dem Wein, der mehr getrunken wurde, musste die Hälfte gezahlt werden. Getreulich hielten die Heddesdorfer durch Jahrhunderte an diesen Bedingungen fest und wahrten so ihre Gerechtsame bis zum heutigen Tage. Wegen des beschwerlichen Weges hatte man sich beizeiten beritten gemacht und so sind die „Pfingstreiter“ aufgekommen.

Pfingstreiter, das sind heute ledige Burschen, die in Heddesdorf geboren und fähig sind zu reiten. Diesmal waren es sieben. Das am Morgen des Pfingstdienstag veranstaltete Rennen wurde vom jüngsten Mitglied der Familie Pinnhammer einem erst 16jährigen Burschen auf dem kleinsten Pferd gewonnen. Die Engerer überreichten ihm zur Gratulation und Erinnerung an seinen Sieg einen Wappenteller
Beim anschließenden Historienspiel wurde dann noch ein Heddesdorfer in die Schandgeige gesteckt. Gewandete Kinder der Engerser Grundschule führten einen mittelalterlichen Tanz auf. Lobende Worte fand der Schultheiß Josef Kretzer für die Engerser Kinder, die schon früh daran gewöhnt werden, später die alten Engerser Traditionen, wie den Konvent und die traditionelle Pestprozession in die Zukunft zu tragen.

Während die Pferde wieder angespannt und die Pfingstreiter mit Eyerkuchen (Ersatzweise Wurst Püree und Sauerkraut) gestärkt waren, labten sich die Hofleute, Schäfer, Nachtwächter, die Mannen von der Bürgerwehr, der Neuwieder Oberbürgermeister Nikolaus Roth, der Engerser Ortsvorsteher, sowie Stefan Herschbach von den Stadtwerken und viele Kollegen aus Städtischen Gewerken am kühlen Getränk und würzigen Frikadellen. Wenn auch über dem Rhein dicke graue Wolken lagen, dürften die schwarzen Zylinder der Pfingstreiter auf dem Rückweg zu Nobersch Bank in Heddesdorf in diesem Jahr nicht nass geworden sein.

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