Graf Nicolaus von Hatzfeldt zu Gast bei Bätzing-Lichtenthäler
KIRCHEN – Wald ist mehr als Romantik und Freizeitfaktor – Graf Nicolaus von Hatzfeldt zu Gast bei Bätzing-Lichtenthäler
Die SPD-Landtagsabgeordnete Sabine Bätzing-Lichtenthäler hatte im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe „Sabine trifft…“ Graf Nicolaus von Hatzfeldt zu Gast. Im mit 50 Personen gut gefüllten Ratssaal der Verbandsgemeindeverwaltung Kirchen stand zwei Stunden lang der Wald im Fokus der Diskussion. Rheinland-Pfalz ist nicht nur mit 42 Prozent Wald das waldreichste Bundesland in Deutschland, sondern es ist auch, insbesondere im Kreis Altenkirchen neben Staatswald und Privatwald geprägt von Haubergsgenossenschaften und Waldinteressentenschaften.
„Die Haubergsgenossen, die für uns Wäller und Siegerländer in einem Atemzug mit dem Wald genannt werden, sind außerhalb unserer Landesgrenzen fast gänzlich unbekannt“, stellte die Abgeordnete in ihrem Eingangsstatement heraus, so dass es umso wichtiger sei, diese Besonderheiten und deren Auswirkungen zu kennen, um sich zukunftsfest aufzustellen. Das nördliche Rheinland-Pfalz ist darüber hinaus von den extremen Dürresommern und den Borkenkäferkalamitäten betroffen, so dass auch diese Thematik in der Aussprache eine besondere Rolle einnahm.
Zunächst erläuterte Graf Nicolaus von Hatzfeldt jedoch, wie in seinem Familienbetrieb, die Herausforderungen der Zukunft bereits vor 35 Jahren eingeleitet wurden. Dabei ging er auf fünf Punkte ein. In einem ersten Schritt sei es wichtig die monokulturartigen Fichtenbestände umzuwandeln. In diesem Zusammenhang erfolgen dann Infrastrukturmaßnahmen, die großzügig von der Landesregierung gefördert wurden. Der dritte Schritt betrifft den Voranbau und die Auswahl der künftigen Baumarten. Graf Nicolaus hob hervor, dass man sich zunächst für Buche, Tanne und Douglasie entschieden hatte und nach dem Beginn der Trockenphase im Jahr 2018 die Baumartenpalette auf ca. 20 verschiedene, trockenresistentere Baumarten z.B. der Esskastanie, Roteiche und Schwarzkiefer erweitert habe. Entscheidend für die naturgemäße Waldwirtschaft sei die Umstellung des Jagdregimes gewesen, wodurch auf Zaunbau und Verbißschutz verzichtet werden kann. Als letzten Punkt hob der Graf die Gemeinwohlfunktion des Waldes hervor, von denen die CO2-Speicherfunktion herausragend sei und forderte in diesem Zusammenhang den verstärkten Einsatz von Holz als Baustoff: „ Es gibt nahezu kein Gebäude, was nicht aus Holz errichtet werden kann“, verstärkte der Graf seine Forderung nach mehr Holzbauten, um z.B. klimaschädlichen Beton zu substituieren.
In der sich anschließenden Diskussion dominierten insbesondere drei Themen: Der Wald als Wirtschaftsfaktor, der Bürokratismus und der Ausbau von erneuerbaren Energien. Dass der Wald mehr ist als ein Lebensgefühl oder wilde Romantik, wurde in den Wortbeiträgen, insbesondere der Haubergsgenossen, deutlich. Nach den Ausfällen und Krisen der vergangenen Jahre und der ungewissen Zukunft, bangen viele um ihre wirtschaftliche Auskömmlichkeit. Das Zusammenlegen von Haubergsgenossenschaften stellt sich aufgrund der gesetzlichen Grundlagen aus dem 19. Jahrhundert als jedoch nahezu unmöglich dar. Die Politik wurde in diesem Zusammenhang explizit aufgefordert die gesetzlichen Grundlagen zu aktualisieren.
Die Abgeordnete Bätzing-Lichtenthäler sagte zu, sich im zuständigen Ressort nach dem Diskussionsstand zu erkundigen. Zahlreiche Teilnehmende kritisierten darüber hinaus den zunehmenden Bürokratismus vor allem bei Förderanträgen. Dieser führe dazu, dass sicherlich notwendige, finanzielle Unterstützungen nicht mehr abgerufen werden, aus Sorge man könne hier Fehler machen und anschließend regresspflichtig werden. Bätzing-Lichtenthäler unterstrich in diesem Zusammenhang die Rolle der Forstämter und dankte deren Mitarbeitenden, die auch für Unterstützungen und Beratungen in der Bewältigung der Bürokratie zur Verfügung stehen.
Den weitaus größten Raum nahm die Debatte über den Ausbau von erneuerbaren Energien, und hier insbesondere dem Ausbau der Windkraft, ein. Graf Nicolaus von Hatzfeld betonte vehement, dass es jetzt fünf vor Zwölf sei und man diese Chance nicht vorbeiziehen lassen dürfe, „Dann haben wir den Anschluss verpasst. Dann ist es zu spät. Es ist unser gesellschaftspolitischer Auftrag und unsere Verantwortung für eine lebenswerte Zukunft“, appellierte er an die Anwesenden, die diese Position überwiegend teilten. Sabine Bätzing-Lichtenthäler beschloss den Diskussionsabend, nicht ohne dem Publikum und dem Referenten zu danken, mit der Zusage, dass sich der heutige Abend in einen Diskussionsprozess einreiht, in dem es bereits Gespräche mit dem Waldbesitzerverband, eine Veranstaltung im Daadener Land und eine Begehung in Herkersdorf gemeinsam mit dem waldpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Nico Steinbach, gab. „Wir werden diesen Diskurs fortsetzen“, so die Landespolitikerin zum Abschluss und ermunterte die Gäste, sich bei Kritik und Anregungen direkt bei ihr zu melden.