Friedrich Wilhelm Raffeisen – Sein Wirken in Hamm, Weyerbusch, Flammersfeld und Heddesdorf

Raiffeisen Hamm Vogtei _7977FLAMMERSFELD – Raiffeisen, der Sozialreformer lebte und arbeite  vor mehr als 150 Jahren im Westerwald.Raiffeisen - fwr Stationen seines Schaffens in Bildern – Wer den Westerwaldsteig wandert, der tangiert die Ortsgemeinde Flammersfeld. Hier findet man das neugestaltete Raiffeisen-Museum. In dem 1816 erbauten, ehemaligen Wohn- und Amtshaus der Bürgermeister, hatte Raiffeisen nach seiner Amtszeit im benachbarten Weyerbusch mit seiner Familie ein neues Zuhause gefunden. Zu Raiffeisens Aufgabengebiet gehörte die Verwaltung von 33 Gemeinden. Der Genossenschaftsgründer Friedrich Wilhelm Raiffeisen wohnte und arbeitete von 1848 bis 1852 in seiner Eigenschaft als Bürgermeister in Flammersfeld. Die Verbandsgemeinde Flammersfeld erwarb vor wenigen Jahren das Haus und mit führte eine gründliche Sanierung durch. Dabei wurde die Gemeinde finanziell durch viele Raiffeisenorganisationen und vom Land Rheinland-Pfalz unterstützt. Das Haus wurde modern gestaltet und wieder eröffnet. Schon vorher war neben dem Raiffeisenhaus von den Landfrauen ein typischer Bauerngarten angelegt. Über dem Tor zum Garten steht „Einer für alle – alle für einen“ – das war eine Grundregel die für Friedrich Wilhelm Raiffeisen zeitlebens gültig war. Daraus abgeleitet war „Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung“. Auch heute ist dieses Prinzip die Grundlage genossenschaftlichen Wirkens in der ganzen Welt.

Friedrich Wilhelm Raiffeisen wurde am 30. März 1818 in Hamm/Sieg geboren. Sein Vater bekleidete dort in der Vogtei das Bürgermeisteramt. Seinem Elternhaus gegenüber, in der Pfarrkirche von Hamm, wirkte sein Patenonkel, der örtliche Pfarrer Georg Wilhelm Seippel, der das christliche Menschenbild Raiffeisens in jungen Jahren entscheidend prägte. Mit siebzehn entschloss sich Friedrich Wilhelm Raiffeisen als Freiwilliger in die preußische Armee einzutreten. Wegen eines Augenleidens musste er 1843 aus dem aktiven Militärdienst ausscheiden. Er war 25 Jahre alt, als er sich beruflichen für eine Laufbahn in der zivilen Verwaltung entschied. Er zog nach Mayen, von dort war der Weg zu seinen Winninger Freunden nicht weit. Schöne, unbeschwerte Jahre verlebte er als Mitarbeiter der Kreisverwaltung Mayen. Eine Berufung 1845 zum Bürgermeister in den Westerwald, gab ihm die finanzielle Sicherheit nun zu heiraten und eine Familie zu gründen. Er traf in der kargen Landschaft im Winter 1846 bis 1847 einer katastrophalen Hungersnot an. Die Menschen, die argen Hunger litten, griffen in ihrer Not zum Saatgut, das eigentlich für die nächste Aussaat vorgesehen war. Aus dieser Zeit stammen die Backhäuser, in der  Raiffeisen Brotgetreide zu Brot backen lies, das er an die Bedürftigen im Ort bezahlbar abgab. Der „Weyerbuscher Brotverein“, sein erstes soziales Projekt wurde zum Erfolg. In Weyerbusch ist neben dem restaurierten Bürgermeisterhaus, heute noch der Backes zu besichtigen.1848 zog die junge Familie Raiffeisen ins benachbarte, größere Flammersfeld, wo Raiffeisen als Bürgermeister den „Flammersfelder Hülfsverein“ zur Unterstützung „unbemittelter Landwirthe“, den ersten Darlehnskassenverein gründete. Bauern, die oftmals durch wucherische Geldverleiher in Existenznot gerieten, wurden mit der Vereinsgründung vor dem endgültigen Ruin bewahrt. Freud und Leid lagen in den Flammersfelder Tagen für die junge Familie beieinander. Zwei Kinder starben und mussten auf dem Friedhof hinter der Kirche zurückgelassen werden, als für Raiffeisen 1852 die Versetzung nach Heddesdorf anstand. Heddesdorf, heute ein Stadtteil von Neuwied, war aber damals bedeutender und größer als die heutige Kreisstadt. Hier kümmerte sich der Genossenschaftsgründer um die Industriearbeiter und Handwerker und deren soziale Probleme. 1854 entstand der „Wohltätigkeitsverein“, der nach einer Neuorganisation 1864 als „Heddesdorfer Darlehnskassen-Verein“ umbenannt wurde. Raiffeisen kümmerte sich um den Bau von Schulen und Straßen und pflegte Freundschaften mit einflussreichen Persönlichkeiten, wie dem Fürsten zu Wied, der nahezu mit allen Fürstenhäusern in Europa verwandt war. Unweit seines Dienstsitzes in der heutigen Heddesdorferstraße, gründete er eine noch heute existierende Druckerei. Inzwischen hatte sich sein Augenleiden so stark verschlechtert, dass er das Amt als Bürgermeister nicht mehr ausführen konnte. 1888 verstarb Raiffeisen kurz vor seinem siebzigsten Geburtstag. Sein Grab auf dem Friedhof von Heddesdorf, wo er neben seiner früh verstorbenen Frau beerdigt ist, wird von Menschen aus aller Welt besucht. Die Neuwieder haben Raiffeisen aus Dankbarkeit für seine Verdienste eine lebensgroße Bronzestatue errichtet. An der Museumsstraße unweit des Neuwieder Bahnhofs schaut er nun vom Sockel herab auf den Platz, der früher zur Gemarkung Heddesdorf gehörte und nun eingemeindet ist. Wenn die Raiffeisenidee sich auch heute überall in der Welt verbreitet, ist man in Hamm, Weyerbusch, Flammersfeld und Heddesdorf stolz darauf, dass dieser großartige Mann vor über 150 Jahren dort gelebt und gewirkt hat. (mabe) Fotos: Becker

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