Der Herr der Halle – Matthias Merzhäuser ehrenamtlicher Manager beim größten Chorfestival Europas

UETRECHT / NENKERSDORF – Europa Cantat – das ist der Name eines der größten Chorfestivals unserer Zeit. Alle drei Jahre findet dieses Großereignis statt und wird wegen seiner weltweiten Beachtung zum Mekka des Chorgesangs. Noch vor drei Jahren im rheinland-pfälzischen Mainz beheimatet war diesmal vom 17. bis 26. Juli 10 Tage lang Utrecht im Zentrum der Niederlande Austragungsort des einzigartigen Chorspektakels.

In simplen Zahlen ausgedrückt lassen sich am Besten die Ausmaße dieses einmaligen Mega-Events erahnen: Fast 3.000 überwiegend junge Sängerinnen und Sänger (mehr als die Hälfte war unter 27 Jahren, die Älteste 80 Jahre) in 80 Chören aus 50 Nationen (darunter die Nationaljugendchöre aus Norwegen, der Schweiz, Frankreich, Island und Estland) gestalteten 80 Konzerte. Weiterhin wurden täglich offene Singen durchgeführt, und in insgesamt  119 Workshops, Seminare und Ateliers konnten sich Chormitglieder, aber auch speziell Chorleiter und Chorfunktionäre gezielt zu allen erdenklichen Themen die interessanten Weiterbildungsangebote international angesehener Dozenten und Referenten zu Nutze machen. An insgesamt 22 Auftrittsorten, darunter vielen Kirchen wurde (teils auch ganz spontan) musiziert und konzertiert und sage und schreibe über 30.000 Besucher kamen zu den Konzerten. Der Hauptauftrittsort und Zentrum des Festivals war das „Jaarbeurs“. Dieses niederländische Messe- und Kongreßzentrum lässt sich auch nur in Zahlen der Superlative beschreiben: 100.000 Quadratmeter Grundfläche, 6.500 Parkplätze, eine Bühne mit einer gigantischen Fläche von 1.200 Quadratmetern umringt von 4.000 Sitzplätzen wie in einer Arena. Ausgestattet ist dieses beeindruckende Schmuckstück mit der besten Bühnentechnik, die derzeit im Showbusiness eingesetzt wird. Leiter dieser Halle ist Matthias Merzhäuser. Eigentlich als Chorleiter, Musikverleger und Produzent bekannt, ist er hier mit der offiziellen Bezeichnung „Cluster-Manager“ fast zwei Wochen für Europa Cantat im Einsatz. Er koordiniert die mehr als 40 Personen, die den reibungslosen Betrieb im „Jaarbeurs“, wo täglich 2 bis 3 Konzerte stattfanden, garantieren. 25 Davon sind allein für die der Licht-, Ton- und Bühnentechnik tätig, außerdem gibt´s  den Sicherheitsdienst und den Info-Stand, den Ticketverkauf, ein Kiosk und eine zweite Bühne für kleinere Chorauftritte, sowie eine Kunstausstellung und eine Chornotenmesse. Außerdem läuft das komplette Catering in der Jaarbeurs-Halle ab. Merzhäuser dazu in einem Pressegespräch: „Wir können hier derzeit bis zu 3.000 Personen verpflegen – gleichzeitig!“  Doch ist Matthias Merzhäuser nicht etwa als hochdotiertes und gut bezahltes Mitglied der Führungsriege von Europa Cantat tätig, sondern ganz im Gegenteil: Völlig ehrenamtlich und ohne jegliche Bezahlung! Doch wieso verbringt ein ansonsten beruflich voll ausgelasteter Freiberufler seinen Urlaub als ehrenamtlicher Manager bei einem Festival, das ein geschätztes Budget von 3,8 Millionen Euro hat? Merzhäuser weiter: „Ohne ehrenamtliche Helfer wäre so ein Festival nicht möglich. Hier in Utrecht sind 250 Volontäre aus 34 Nationen in den unterschiedlichsten Bereichen im Einsatz. Von der Ticketkontrolle bis zur VIP-Betreuung.“ Und von den „Very Important Persons“ gibt es reichlich beim Festival. Bis zu 500-VIP-Plätze wurden bei Eröffnungs- und Abschlussgala für Prominenz aus Kunst, Kultur, Wirtschaft und Politik benötigt  – inclusive dem italienischen und israelischen Botschafter. Auch sonst fand das Festival großen Zuspruch: Neben täglichen Zeitungsberichten wurden viele Konzerte und Shows in Radio- und Fernsehsendungen (teils live) übertragen. Auch Matthias Merzhäuser konnte sich nicht über mangelndes Interesse der Presse beklagen: So konnte er viele Interview-Wünsche erfüllen – u.a. für eine australische Zeitung und das Staatsfernsehen im afrikanischen Benin, deren Reporter sich über Europa Cantat und vor allem den riesigen Konzertort „Jaarbeurs“ informierten. Bereits vor drei Jahren bei Europa Cantat 2006 in Mainz arbeitete Merzhäuser ehrenamtlich mit. Damals im Musikbüro tätig konnte man sich im Präsidium der Organisation noch gut an die Arbeit Merzhäuser´s erinnern und so waren die Verantwortlichen von Europa Cantat heilfroh, dass Merzhäuser, zu seinem damaligen Wort stand: „Wenn Ihr mich in Utrecht brauch, bin ich dabei.“ Und obwohl er mittlerweile Vorsitzender des Internationalen Chorleiterverbandes geworden war, und daher ebenfalls als VIP-Gast zum Festival eingeladen wurde, stand er zu seiner Zusage der ehrenamtlichen Mitarbeit und man übertrug ihm nun die Funktion des Cluster-Managers. Er nahm gerne an, obwohl der 15-Stunden-Arbeitstag um 08:30 mit der ersten Teambesprechung begann und um 23:30 nach Abschluss der Abendkonzerte endete. Und das fast ohne Pause, denn es musste viel improvisiert werden, und ständig tauchten die kleineren oder größeren Probleme und Fragen in dem Team, das sich ja auch vorher nicht kannte, auf. Merzhäuser dazu knapp: „Ich muss hier auf jede Frage – ganz gleich aus welchem bereich – eine Antwort geben können“. Und das mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den unterschiedlichsten Regionen Europas. Doch Kommunikationsprobleme gab es trotz allem nicht: „Ich habe hier eine neue Sprache kreiert: Wir nennen sie G-Denglish (German-Dutsch-English) – eine Mischung aus Deutsch, Niederländisch und Englisch.“ Selbst zum Feiern seines Geburtstages, der am 22. Juli mitten ins Festival fiel, blieb aufgrund des langen Dienstes kaum Zeit – doch er sah es positiv: „An meinem Geburtstag sangen hier neben hochkarätigen Chören zwei der besten A-cappella-Ensembles der Welt: „Rajaton“ aus Finnland und die Take-6-Nachfolger „Groove for Thaught“ aus den USA. So ein hochkarätiges Geburtstagsständchen bekam bisher noch niemand – noch nicht einmal US-Präsident Obama!“  Und so zieht er ein überaus positives Resümee seiner Arbeit. Allerdings ist dies für ihn nichts Besonderes, sondern er sieht ehrenamtliches Engagement als eine Verpflichtung anderen gegenüber. „Wenn alle das, was sie besonders gut können auch anderen ohne Bezahlung zuteil werden lassen, dann sind solche einmaligen events möglich. Unsere Gesellschaft brauch noch viel mehr ehrenamtlich tätige.“ So geht Merzhäuser mit gutem Beispiel voran und ist schon seit Jahren ehrenamtlich unter anderem in der Deutschen Chorjugend tätig, in diversen Musikgremien, ist Vorsitzender des Internationalen Chorleiterverbandes und des gemeinnützigen Kinderhilfsvereins Pro-Fil e.V. Auch Europa Cantat möchte sich weiterhin seiner Hilfe und Erfahrung bedienen: Die  Dankesurkunde für die Arbeit in Utrecht, unterschrieben von Präsident Jeroen Schrijner, endete mit einer herzlichen Einladung zu einem Wiedersehen im italienische Turin: Da steigt dann im Jahr 2012 das 18. Europa Cantat… weitere Informationen bietet das Internet unter www.Merzi.info und www.ecu2009.nl oder www.ectorino2012.it (Nellie B. Ates)

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Matthias Merzhäuser (Privatbild)

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Vocalensemble Rajaton (Foto: Jeljer te Wies)

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Eröffnungszeremonie

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ebenso

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Abschlusszeremonie

3 Fotos: Anna von Kooij

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