Bürgerinitiative und Naturschutz-Initiative e.V. rufen zu Engagement für die bedrohte Natur an der B8 auf

WEYERBUSCH – Bürgerinitiative und Naturschutz-Initiative e.V.  rufen zu Engagement für die bedrohte Natur an der B8 auf – Informationen von bewegender Sachlichkeit

Der Naturschutzreferent der Naturschutz-Initiative e.V. (NI), Diplom-Biologe Immo Vollmer, informierte in einer sehr gut besuchten, mehrstündigen Veranstaltung die Arbeitsgruppe Ökologie der „Bürgerinitiative gegen Ortsumgehungen B8“ (BI) im Gasthof zur Post in Weyerbusch über Aspekte und Strategien zu Beobachtung und Schutz von Flora und Fauna am Beispiel des Landschaftsraumes um Kircheib, um exemplarisch genauer zu verstehen, was entlang der B8 auf dem Spiel steht, wenn die im Bundesverkehrswegeplan ausgewiesenen Ortsumgehungen (OU) gebaut würden.

Marein Osten-Sacken begrüßte die Anwesenden für die BI und stellte die Arbeitsgruppe Ökologie vor. Letztere ist ein Herzstück innerhalb der fünf Arbeitsgruppen (AG) der BI (AG Agrar, Mobilität, Politik und Wirtschaft), insofern sie sich mit den basalen Voraussetzungen und Kriterien für die anstehenden Entscheidungen befasst, zentrale Fragen auch für die vier anderen AGs stellt und Informationen beizutragen hat. Ein Baustein ihrer Arbeit ist die wache und kritische Begleitung der laufenden Flora-Fauna-Untersuchungen des LBM entlang der B8.

Alle von Umgehungsplänen betroffenen Orte: Kircheib, Hasselbach, Werkhausen, Weyerbusch, Marenbach, Birnbach und Helmenzen waren vertreten, und das Interesse an den naturschutzfachlichen Themen erwies sich als groß. „Natur ist scheinbar einfach Umgebung oder Bestandteil des Alltagslebens, bleibt aber dennoch ein unbekanntes, geheimnisvolles und in vieler Hinsicht nur Fachleuten zugängliches Wesen“, so Marein Osten-Sacken, die damit auf die Schwierigkeit der Bewertung von Eingriffen seitens der Bürger abhebt. Bedrückend deutlich zeigte sich schon am Beispiel von Kircheib, dass der Schutz eines in vieler Hinsicht einmaligen, kostbaren und schützenswerten Landschaftsraumes zur Disposition steht.

Vollmer als ein seit Jahrzehnten regional engagierter und ortskundiger Spezialist für Natur- und Artenschutz vertritt den Standpunkt der NI, eines bundesweit aktiven unabhängigen Naturschutzverbandes, wenn er die OU in jeder Variante als „fragwürdige und abzuweisende Projekte“ bezeichnet, „da in den beplanten Räumen noch intakte Natur in einer vielseitigen Kulturlandschaft existiert. Die bestehenden engen ökologischen Vernetzungen in meist nur kleinräumigen Landschaften lassen weder bei Kircheib noch in den Planungen um Weyerbusch und Helmenzen einen verträglichen Straßenbau zu. Im Raum um Kircheib zeigt sich jedoch in besonderer Weise, dass beide möglichen Varianten einer OU einmalige und nach europäischen Schutzanforderungen nicht ausgleichbare Biotope und damit Lebensräume schutzbedürftiger Arten zerstören würden. Dazu käme in jedem Fall eine wesentliche Verschlechterung der Anbindung von beiden Teilgebieten des FFH-Schutzgebietes westlich und östlich von Kircheib. – Die Planung um Kircheib wird schon allein am gesetzlich verankerten europäischen Gebietsschutz scheitern“, ist Biologe Vollmer überzeugt.

Marein Osten-Sacken und Immo Vollmer kritisierten auch die Beliebigkeit, mit der nach wie vor Flächen in Anspruch genommen werden, welche für die Leistungsfähigkeit der Natur entscheidend sind. „Nur ausreichend große und intakte Habitate sichern das Überleben der Arten. Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz helfen nicht, wenn hinsichtlich Fläche und Qualität keine ausreichenden Lebensräume mehr bestehen. Was weg ist, ist weg“, so Immo Vollmer, „eine ausgestorbene Art kommt nicht wieder.“

Marein Osten-Sacken berichtete, dass der sogenannte „Erdüberlastungstag“, an dem die Menschheit langfristig gesehen schon eine Erde verbraucht hat, bereits Ende Juli erreicht ist. Für Deutschland verwies Immo Vollmer darauf, dass nach Angabe des Umweltbundesamtes jeden Tag im Durchschnitt über 60 ha Fläche durch Flächeninanspruchnahme verlorengehen. Das gemäß der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes gesetzte Ziel von 30 ha/Tag ist nicht erreichbar, wenn nicht konsequent auf vermeidbare Eingriffe verzichtet wird. Der geplante Straßenneubau angesichts nicht weiter staugefährdeter Streckenabschnitte gehört nach den Worten von Immo Vollmer zu den derzeit unsinnigsten Bauvorhaben, da bei keinem der drei Umgehungsvorhaben eine auch nur annähernd vernünftige Relation zwischen Eingriff und Nutzen besteht.

Die Ergebnisse der bereits vom LBM erstellten „Faunistischen Planungsraumanalysen“ wurden von Biologe Vollmer als ungenügend verworfen. Er nannte Beispiele von zahlreichen Arten und Artengruppen, die laut der Planungsraumanalyse nicht vorkommen dürften, sich aber sehr wohl vor Ort finden. Die Mängel in der Aussage beruhen vermutlich, neben einer fehlenden Kenntnis der Region, im Wesentlichen auf einer stark verkürzten und oberflächlichen Grundlagenrecherche: „Die wichtigsten Dokumente, die zudem leicht im Internet oder bei Nachfragen bei den lokalen Behörden und Verbänden verfügbar gewesen wären, wurden nicht ausgewertet“, so Vollmer. Da die aktuell erstellte Planung nur als interner Fahrplan des LBM für weitere Untersuchungen zu bewerten ist, wird die Naturschutzinitiative (NI) darauf verzichten, an dieser Stelle schon Nachbesserungen zu fordern. NI und BI werden aber sehr genau prüfen, ob die für die Bestimmung der Linienführung und die Planfeststellung maßgebenden Planungen auch solche Defizite aufweisen“, so der Naturschutzreferent der NI.

Im Laufe der Veranstaltung zeigte sich überdeutlich, was für eine wichtige und komplexe Aufgabe der Schutz der Naturräume entlang der B8 ist, entsprechend wurden viele nachdenkliche und engagierte Fragen gestellt. Vollmer informierte die Anwesenden über mannigfaltige faunistisch relevante Details, so dass die BI künftig selbst Daten und Fakten sammeln kann. Da konkrete faunistische wie auch weitere naturschutzfachliche Untersuchungen des Landesbetriebes Mobilität (LBM) derzeit laufen, ist es von großem Interesse, deren Ergebnisse mit eigenen Beobachtungen und Feststellungen abzugleichen und gegebenenfalls zu ergänzen.

Darüber hinaus sind alle Interessierten eingeladen, beim Spazierengehen, Wandern oder Joggen Tiere und Pflanzen besonders in den betroffenen Bereichen zu beobachten und interessante Meldungen an die BI oder die NI weiterzugeben (info@nob8ou.de, info@naturschutz-initiative.de ). Weitere Veranstaltungen der AG Ökologie sowie der anderen Arbeitsgruppen werden folgen. (mos) Foto Vollmer

Foto: Feuchtgrünland vor der romanischen Basilika in Kircheib

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