BERLIN – „Deutschland kann die weltweite Migrationsproblematik nicht alleine lösen“

BERLIN – „Deutschland kann die weltweite Migrationsproblematik nicht alleine lösen“ – Erwin Rüddel nimmt Stellung zur Diskussion um „sichere Häfen“. – Der heimische Bundestagabgeordnete und CDU-Kreisvorsitzende Erwin Rüddel, hat die Entscheidung der Kreistagsmehrheit, einen Antrag der Grünen abzulehnen, in dem der Kreis zum „sicheren Hafen“ für Flüchtlinge erklärt werden sollte, nachdrücklich verteidigt.

„Ja, die Situation im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist verheerend und lässt keinen kalt. Das Lager ist durch Brandstiftung fast vollständig abgebrannt. Wir haben dort eine humanitäre Notlage. Deshalb ist es richtig, dass Deutschland jetzt hilft, die Zustände vor Ort zu verbessern. Die Bundesregierung steht in Kontakt mit der griechischen Regierung, sie schickt Hilfslieferungen nach Lesbos, und auch die deutschen Hilfsdienste wie das THW sind vor Ort in Griechenland tätig. Genau diese Hilfe vor Ort ist der richtige Weg.
Darüber hinaus nimmt Deutschland bereits – bislang als einziges Land in Europa – unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und kranke Kinder mit ihren Familienangehörigen aus Flüchtlingslagern in Griechenland auf.
Ich fände es aber falsch, wenn wir jetzt – für den schnellen moralischen Applaus – einfach alle Flüchtlinge von Lesbos und anderen Inseln nach Deutschland holen würden. Deutschland hat seit 2015 über 1,7 Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Auch heute nehmen wir noch täglich rund 300 bis 400 Menschen auf.
Humanitäre Notlagen in Europa müssen gemeinsam gelöst werden. Deshalb begrüße ich, dass die EU-Kommission nun endlich Vorschläge für eine Reform des Europäischen Asylsystems vorgelegt hat. Nach einer ersten Einschätzung gehen einige Punkte in die richtige Richtung. Dies betrifft insbesondere die frühzeitige Identitätsfeststellung, beschleunigte Asylverfahren direkt an der EU-Außengrenze, konsequentere Rückführung von abgelehnten Asylantragstellern und die verstärkte Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitstaaten.
Ob die Reformvorschläge dazu führen werden, dass die Lasten der Migration gerechter auf die Mitgliedstaaten verteilt werden, ist derzeit offen. Entscheidender Gradmesser ist, dass künftig nicht nur einige wenige Länder diese Lasten tragen, sondern auch die anderen Mitgliedstaaten in die Verantwortung genommen werden. Dabei müssen wir speziell das Thema der illegalen Binnenmigration innerhalb der EU in den Blick nehmen. Deutschland ist hier besonders betroffen. Es kann nicht sein, dass Asylsuchende sich das EU-Land aussuchen dürfen, in dem der Antrag gestellt wird.
Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz: menschenwürdige Unterbringung in den griechischen Lagern, Hilfe in den Herkunftsländern, besseren Schutz der Außengrenzen, schnellere Bearbeitung der Verfahren und Rückführungen sowie Stoppen des Milliardengeschäfts der Schlepper, die Menschen mit falschen Hoffnungen in die EU locken.
Prescht Deutschland heute alleine nach vorn, torpedieren wir unsere eigenen europäischen Bemühungen. Mittelfristig wird dann sehr viel weniger Menschen geholfen werden können.
Fakt ist zudem, dass viele Flüchtlinge nicht nur nach Europa wollen, sondern speziell nach Deutschland, weil man weiß, dass man mit großer Wahrscheinlichkeit bleiben kann.
Selbst wenn wir alle Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen würden, wäre das grundsätzliche Problem nicht gelöst. Vier Wochen später wäre Moria wieder voll, die anderen EU-Länder übten sich in Zurückhaltung und setzten weiter auf Deutschland – und wir drehten uns im Kreis.
Es braucht zumindest die Mithilfe der EU und der anderen Mitgliedstaaten. Der „Budapester Bahnhof“ von 2015 darf sich keinesfalls wiederholen. Denn Deutschland kann die weltweite Migrationsproblematik nicht alleine lösen.“

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