Aktion Neue Nachbarn – Interkulturelle Woche, Flucht beWEGt! und mehr
ALTENKIRCHEN – Aktion Neue Nachbarn – Interkulturelle Woche, Flucht beWEGt! und mehr – Ein vielfältiges Programmspektrum wurde in Altenkirchen im Rahmen der Aktion Neue Nachbarn in den zurückliegenden Wochen geboten. Im Rahmen der interkulturellen Woche wurde in der Wied-Scala in Neitersen der Film „Die kleinste Armee der Welt“ von Regisseur und Produzent Martin Gerner gezeigt. Der Film regt die Besucher zum Nachdenken über ihre eigenen persönlichen Grenzen an, denn er bewegt sich bewusst satirisch am Rande des Geschmacks des Publikums und zielt dabei durch eine vorsätzlich überzogene Darstellung z.B. in den „Heimatabenden“ der Hauptdarsteller treffsicher auf aktuelle Problemlagen der Republik. Im Rahmenprogramm trat zur Einstimmung eine Trommel-Gruppe unter der Leitung von Christoph Diefenbach und Michel Sanya auf, die mit mitreißenden Rhythmen das Publikum zum begeisternden Mitmachen animierte. Darüber hinaus wurde die Ausstellung „Vielfalt im Westerwald“ gezeigt, die vor allem die jugendliche Sicht unserer Heimat auf die Themen „Bunte Gesellschaft“ und „Interkulturelle Begegnung“ in den Vordergrund stellt.
Im Anschluss an den Film hatten die Besucher die Möglichkeit mit dem Regisseur und Produzenten Martin Gerner in Gespräch zu kommen, der es sich nicht hatte nehmen lassen, die Veranstaltung persönlich zu besuchen. Am Ende diskutierten die Anwesenden fast eine Stunde über die Themen „Integration“, „Vielfalt“ und insbesondere auch „Afghanistan und die sichere Herkunft“. Alles in allem ein gelungener Abend in Neitersen. Die Veranstaltung war eine Kooperation vom Caritasverband Altenkirchen – Aktion Neue Nachbarn mit der Evangelischen Landjugendakademie, dem Jugendmigrationsdienst des Diakonischen Werks und der Wied-Scala, deren Team an dieser Stelle ein besonderer Dank gilt. Martin Gerner (l.) und Organisator André Linke vom Caritasverband Altenkirchen während der Diskussion.
Auch im Rahmen der interkulturellen Woche präsentiert und doch weit darüber hinaus gewirkt hat die Ausstellung „Flucht beWEGt!“, die von Pfarrer Bruno Nebel in einem Gottesdienst unter Mitwirkung von Bischof Mtumbuka aus Malawi und Pater Schellekens in einem besonderen Gottesdienst eröffnet wurde. Hyperrealistische Silikonfiguren in einer bewegenden Ausstellung, gestaltet von der jungen Künstlerin Jana Merkens, haben die Menschen in Altenkirchen in den letzten beiden Wochen tief berührt. Deutlich wurde den Besuchern vor Augen geführt, wie sehr Flucht tatsächlich „bewegt“, welche Geschichten, welche Schicksale und welche Dynamik dahinter stehen und was es wirklich bedeutet, vor einem Grenzzaun zu stehen und nicht mehr weiter zu wissen. Oder in einem kleinen Boot zu sitzen, zusammengequetscht und Wind und Wetter ausgeliefert über das Mittelmeer einer mehr als ungewissen Zukunft entgegen zu treiben. Wenn nicht schon die realistischen Gesichtszüge der Figuren zum Nachdenken anregten, so konnte dies sicherlich durch den Zaun, der sich als Barriere durch die Kirche St. Jakobus zog, und das Flüchtlingsboot erreicht werden. Ein Boot kaum mehr als sechs Meter lang, in dem doch mehr als 70 Personen irgendwie Platz gefunden haben und der eigenen Hoffnung hinterherjagten. Was wir sehen ist ein hinfälliger Kutter, eine löchrige Schaluppe, die sprichwörtliche Nussschale – unvorstellbar – und doch ganz real, zum Greifen nah. Neben solch nachdenklichen Momenten war aber auch die Möglichkeit der Information gegeben: Es konnte hautnah miterlebt werden, wie eine Asylanhörung abläuft und welche Geschichten Flüchtlinge aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern zu erzählen haben. Als besonderes Gimmick gab es auch noch die einmalige Chance, ein „Selfie“ mit dem Papst zu schießen, der als lebensgroßer Dauergast zu Besuch war und immer ein freundliches Lächeln für die Fotowünsche der vielen hundert Gäste übrig hatte – aber auch er war schließlich „nur“ aus Silikon…
Ein umfassendes und buntes Rahmenprogramm schließlich rundete die Ausstellung ab. Von der Theateraufführung der Gruppe „Shtat“ um Ossama Al-Shoora wurde an dieser Stelle bereits berichtet – ein bewegender Abend, der eindringlich vor Augen geführt hat, dass „am Ende immer ein wenig Hoffnung steht“. Berührend, bedeutsam und vor allem hervorragend gespielt und inszeniert. Dieser Erfolg wird in der Zukunft in jedem Fall fortgeführt, um den Talenten eine größere Bühne zu bieten.
„Mille and More“ traten an einem der letzten Abende der Ausstellung auf und schafften es mit einem sehr speziellen Programm ihre Zuschauer und Zuhörer in ihren Bann zu ziehen. Von „Bridge over troubled Water“ über „Imagine“, und „Heimat“ bis hin zu „Wunder gescheh‘n“, wobei vor allem letzteres für wahre Begeisterung und inbrünstiges Mitsingen sorgte. Die Songs wurden von der Gruppe um Milena Lenz in sehr eindrucksvoller Art interpretiert und liebevoll arrangiert, sodass dieser Abend allen Besuchern und Mitwirkenden lange im Gedächtnis bleiben wird, auch wenn die Kirche an diesem Abend nicht so gefüllt war, wie man es sich hätte wünschen können. Dem Gelingen dieser Veranstaltung tat dies aber keinen Abbruch, der Applaus am Ende hätte auch gut und gerne von einem weitaus größeren Publikum stammen können…
Die „Wäller Wichtel“ waren ebenfalls zu Gast, wenn sie auch dieses Mal als „Internationales Figurentheater“ (Bild (4)) unter der Leitung von Hubertus Eunicke agierten, dem Geflüchtete aus arabischen Herkunftsländern angehören. Der Seppel hatte den Lustfrust und erst als er den bösen Räuber „besaß“, der die Äpfel für das Apfelmus der Großmutter gestohlen hatte, und ihn somit von weiteren Schandtaten abhalten konnte, war am Ende wieder alles gut und die engagierten Puppenspieler konnten ihren verdienten Beifall empfangen. Anfänglich war es noch so geplant, dass die Mitwirkenden die schwierigen deutschen Texte in der jeweiligen Muttersprache sprechen sollten, doch letztlich entschieden sie sich dafür, alles „auf Deutsch“ zu sprechen, was zwar mehr Aufwand bei der Vorbereitung bedeutete, sich aber in besonderer Weise an dem Abend der Vorführung auszahlte. Eine wirklich tolle Veranstaltung!
Am letzten Abend der Ausstellung wurde ein kulinarischer Abend zelebriert, bei dem Speisen aus aller Herren Länder kredenzt wurden und bei dem die Bauchtanzgruppe der Tanzschule „Viktor Scherf“ auftrat. Ihren Abschluss fand die Ausstellung am 29.Oktober mit einem feierlichen Gottesdienst unter Mitwirkung von Kreisjugendseelsorger Thomas Taxacher.
Die Ausstellung „Flucht beWEGt!“ wurde von der Katholischen Jugendagentur Bonn konzipiert und in Kooperation von der katholischen Kirchengemeinde und dem Caritasverband Altenkirchen – Aktion Neue Nachbarn nach Altenkirchen geholt. Ein besonderer Dank gilt abschließend den vielen Helfern, die beim Auf- und Abbau unterstützt haben, die ehrenamtlich durch die Ausstellung geführt haben oder sich in anderer Weise für das Gelingen dieses großen Vorhabens eingebracht haben. (André Linke)