Kindeswohlgefährdung im Landkreis Neuwied steigt
KREIS NEUWIED – Hinweise auf Kindeswohlgefährdung im Landkreis Neuwied steigen weiter an – Hallerbach: quantitative und qualifizierte Fachkräfte für Gefährdungsdienst und Rufbereitschaft dringend notwendig – Hohes Engagement der Fachkräfte im Kreisjugendamt – 296 Hinweisen auf Gefährdung des Kindeswohls musste das Jugendamt des Landkreises Neuwied im Jahre 2013 nachgehen. Waren es im Jahre 2007 noch 137 Hinweise, die durch die Fachkräfte des Jugendamtes überprüft werden mussten, ist diese Zahl seither kontinuierlich gestiegen. Gegenüber 256 Mitteilungen im Jahre 2012 ist dies auch noch einmal eine deutliche Steigerung. Der 1. Kreisbeigeordnete Achim Hallerbach weist darauf hin, dass das Kreisjugendamt mittlerweile ein fest strukturiertes Verfahren zur Überprüfung von Hinweisen auf Kindeswohlgefährdung entwickelt hat. Aufgrund der hohen Anzahl der Hinweise sind mittlerweile im Kreisjugendamt drei Fachkräfte in der Woche komplett zur Überprüfung von Hinweisen auf Kindeswohlgefährdung abgestellt.
„Häufig reicht auch diese Zahl der Mitarbeiter nicht aus, um die an einem Tag eingehenden Hinweise ordnungsgemäß zu überprüfen“, so der Leiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes, Uwe Kukla. Im Kreisjugendamt werden sämtliche Meldungen an eine zentrale Nummer weitergeleitet, über die der sogenannte Gefährdungsdienst erreichbar ist. Zusätzlich verfügt das Kreisjugendamt seit dem 01. Oktober 2012 über eine Rufbereitschaft außerhalb der regulären Dienstzeiten, die in Notfällen durch die Polizeidienststellen erreicht werden kann. „Damit ist das Kreisjugendamt in Notfällen rund um die Uhr direkt erreichbar“, so Achim Hallerbach.
Das Kreisjugendamt meldet seine Daten im Rahmen eines Landesprojektes an das Institut für Sozialpädagogische Forschung (ISM) in Mainz, das die Hinweise auf Kindeswohlgefährdung auswertet. Danach waren in 2012 die wichtigsten Hinweisgeber Bekannte/Nachbarn mit 23,1 Prozent, Elternteile mit 15,3 Prozent, gefolgt von Polizei/Staatsanwaltschaft/Gericht mit 13 Prozent und Verwandten mit 8,6 Prozent. 8,1 Prozent der Melder wollen anonym bleiben. „Im Verantwortungsbereich des Kreisjugendamtes wird das weitere Vorgehen in einem strukturierten Verfahren, das regelmäßig durch mehrere Fachkräfte gemeinsam mit der Leitung des Allgemeinen Sozialen Dienstes beraten und die weiteren Schritte abgestimmt. In 86,5 Prozent der Fälle fand nach Eingang einer Meldung ein direkter Kontakt mit den Eltern/Kindern statt“, erläutert Hallerbach.
Die statistische Erfassung des Landes unterscheidet zwischen akuten und latenten Kindeswohlgefährdungen. In 11,5 Prozent der Fälle wurde eine akute Kindeswohlgefährdung festgestellt, in 27,1 Prozent eine latente. „In diesen Fällen“, so Uwe Kukla, „bleibt der Allgemeine Soziale Dienst des Jugendamtes mit den Eltern in Kontakt, um die weitere Entwicklung zu überprüfen.“ In 37,5 Prozent der Fälle wurde zwar keine direkte Gefährdung des Kindes, aber ein Unterstützungsbedarf der Familie oder der Eltern festgestellt. Nur in 23,9 Prozent lag weder Gefährdung noch Unterstützungsbedarf vor.
Damit ist in mehr als Dreiviertel der Fälle eine weitere Hilfestellung durch das Jugend-amt oder mit dem Jugendamt zusammenarbeitende Träger bzw. Institutionen erforderlich, so Jürgen Ulrich, Leiter des Kreisjugendamtes. Daraus lässt sich schließen, dass Hinweise auf Kindeswohlgefährdung häufig vor allem einen Indikator für einen bestehenden Hilfebedarf von Familien oder Kindern darstellen. Auch die Arten der Gefährdung weisen darauf hin: 55,9 Prozent der Hinweise beziehen sich auf eine Vernachlässigung von Kindern, 30,7 Prozent auf Anzeichen körperlicher Misshandlung und 14,3 Prozent auf Anzeichen einer psychischen Misshandlung.
Lediglich in knapp 40 Prozent waren keine weiteren Hilfen erforderlich. In allen anderen Fällen wurde in unterschiedlicher Form durch das Jugendamt Unterstützung gegeben, sei es durch formlose Beratung durch Fachkräfte des Allgemeinen Sozialen Dienstes, durch die Einleitung von Hilfen nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz oder die Vermittlung in andere Beratungsangebote der Beratungsstellen oder auch z.B. der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Zufrieden zeigt sich der 1. Kreisbeigeordnete und Dezernent für Kinder und Familie, Achim Hallerbach, mit dem strukturierten Verfahren, mit dem Hinweise auf Kindeswohlgefährdung nachgegangen wird. Damit soll vor allem sichergestellt werden, dass keinerlei Informationen verlorengehen oder ein erforderlicher Hilfebedarf bei den Betroffenen möglicherweise nicht ankommt.
Hallerbach betonte, dass diese Aufgabe für die Fachkräfte des Jugendamtes mit erheblichen Belastungen verbunden sei, kämen die Mitarbeiter zum Teil doch in sehr schwierige Lebenssituationen. „Auch eine geregelte Arbeitszeit kennen unsere Mitarbeiter nicht, wenn sie den Hinweisen auf Kindeswohlgefährdung nachgehen“, so Hallerbach. Er zeigte sich insofern dankbar für das große Engagement der Fachkräfte des Kreisjugendamtes. „Ich denke, dass wir mit der heutigen Struktur im Sozialen Dienst des Kreisjugendamtes eine gute Ausgangslage haben, Gefahrensituationen früh genug zu begegnen. Eine 100prozentige Sicherheit zu erreichen wird schwierig sein, aber mit gut ausgebildeten, qualifizierten und engagierten Fachkräften sowie einer quantitativen Personalausstattung, versuchen wir auch den politischen Forderungen auf Schutz des Kindeswohl gerecht zu werden,“ betont der 1.Kreisbeigeordnete Achim Hallerbach abschließend.