Vor 21 Jahren fuhren 15 Altenkirchener nach Mostar/Bosnien
HELMENZEN: 21 Jahre WERIT Hilfskonvoi nach Mostar/Bosnien – Zum jüngsten Treffen des Arbeitskreises Brauchtum und Heimatpflege am Freitag, 04. April, fand im Westerwälder Hof in Helmenzen ein Gedenktreffen der Bosnienfahrer, das Dieter Sommerfeld organisiert hatte, statt. Der Abend stand in Erinnerung an die vor genau 21 Jahren stattgefundene Versorgungsfahrt nach Mostar in Bosnien. In die dort vorherrschenden Kriegswirren und die damit verbundenen Komplikationen mit Flüchtlingsströmen hatten sich 15 Westerwälder aus dem Kreis Altenkirchen begeben. Unter ihnen auch der Journalist Wolfgang Wachow, der damals noch für die hiesige Tageszeitung tätig war und auf eigene Verantwortung und eigenes Risiko mit dem Trupp als Journalist und Berichterstatter mitreiste. Im Vorfeld der Aktion hatten die Bürger des Kreises Altenkirchen Tonnen von Spenden aller Art nach Altenkirchen gebracht. Die Lagerhalle in der Frankfurter Straße füllte sich innerhalb weniger Tage. Die Aktion, die der WERIT Chef Dr. Helmhold Schneider ins Leben gerufen hatte, entwickelte eine Eigendynamik. Aus einem geplanten Fahrzeug wurden vier Hängerzüge, das sind vier Lastwagen mit Anhänger. Die Firma WERIT hatte die komplette Planung dieses nicht risikolosen Unternehmens generalstabsmäßig geplant.
Am Samstag war Start des Unternehmens. Vier Hängerzüge, ein Werkstattwagen und zwei Begleitfahrzeuge standen bereit, besetzt mit 14 Männern der Firma WERIT, der Freiwilligen Feuerwehr Altenkirchen und einem Journalisten. Mit großem Bahnhof wurden die Männer verabschiedet. Über Österreich und Slowenien Fuhr der Konvoi nach Kroatien. Die Diashow mit Fotos von Wolfgang Wachow war spannend, auch seine Erlebnisberichterstattung über die Reise. Beides führte den Zuhörer durch das Kosovo des Jahres 1993, als die Altstadt und auch die umliegenden Regionen nahezu dem Erdboden gleich gemacht, hilflos in Trümmern lagen. Der spannende Report Wachow`s erzählt von Missständen, bei denen beispielsweise ein Film von Soldaten unter Zwang aus Dr. Helmhold Schneiders Filmkamera genommen wurde. Schützenfeuer aus der Ferne unterstrichen die bedrohliche Lage. Den Lauf eines Gewehrs spürte Wachow im Rücken als er versuchte in Zadar zerstörte Häuser, UN Truppen und kroatisches Militär zu fotografieren. Auch erinnert er sich bei der Darstellung eines bestimmten Fotos, dass dies die Stelle gewesen sei, bei der er ein mulmiges Gefühl bekommen habe. ein gerade mal 12jähriger Junge bediente die Vierlinksflak. Unwissend ob der Junge abfeuern würde und die letzte Stunde geschlagen habe, sei der Trupp weiter gezogen. Zum Glück blieb das Feuer des 12jährigen Schützen aus. Dafür sorgte eine unerwartete Bombendetonation in Splitt für Aufregung bei den Deutschen. Sie trafen viele Frauen allen Alters im Auffanglager, wo die bedrückende Stimmung besonders deutlich zu spüren war. Sie erzählten von Folter und Misshandlung, die ihnen durch Serben widerfahren waren. Kinder und Ehefrauen hatten kurz zuvor aus dem Bus heraus zusehen müssen, wie ihre Männer in nicht einmal 20 Meter Entfernung exekutiert wurden.
Das Bildnis des Grauens ist Fotodokumentiert durch Hauswände, die unzählige Löcher von Geschossen aufweisen, durch die zerstörten Plattenbauten der Wohnsiedlungen und durch die auf den Betrachter tot und unlebendig wirkenden Bilder von komplett zerstörten Straßenzügen. Die bei der Firma Werit in Altenkirchen vorbereiteten Versorgungspakete mit Kleidung, Medikamenten und Nahrungsmitteln wurden mit großer Freude im Lager in Empfang genommen. Die wenigen überlebenden Männer, die Frauen und Kinder in den Auffanglagern wirken glücklich. Man sieht junge und alte Gesichter, alle mit ein wenig Zuversicht und Freude in ihrer Mimik. Dadurch wird der gesamte Bildervortrag am Ende trotz des gezeigten Missstandes schön. Heilsam wirkte wohl der Besuch des Altenkircher Teams auf die Einheimischen, ein kleines Stück vom Himmel hatten sie mitgebracht. Ich, die ebenfalls als Zuhörer eingeladen war, ziehe Parallelen zwischen den Carepaketen, die die US Amerikaner in Berlin nach dem 2. Weltkrieg von Flugzeugen abgeworfen hatten, damit die Berliner nicht allein gelassen, verhungern mussten.
Beim Heimflug saß Wachow neben dem Außenminister von Kroatien. Er musste seine Fototasche unter den Sitz stellen und durfte sich während des gesamten Fluges von Zagreb nach Frankfurt so gut wie gar nicht bewegen. Das hieß für ihn, auch keine Kamera aus der Tasche holen. So wenig Vertrauen hatten die Kroaten gegenüber Fremden aus anderen Nationen in dieser, für das Land überaus schlechten Zeit. Die letzten Bilder des Abends in Helmenzen zeigen die Westerwälder bei ihrer Ankunft in der Heimat. Der Abschied sei sehr nett gestaltet gewesen, doch die Ankunft sei noch um vieles schöner gewesen erzählen sich diejenigen, die dabei waren. Man hatte die Rückkehr gemeinsam mit Verwandten, Nachbarn und Freunden gefeiert. Viele bekannte Gesichter aus der Region sehen wir auf der Leinwand, bevor sie dann dunkel wird und der Applaus ertönt. An diesem Abend trifft Wachow auch seinen Zimmerkollegen Heini (Heinz-Wilhelm) Oehmen wieder. Die beiden alten Männer strahlen übers ganze Gesicht, verbindet sie doch seither eine tiefe Freundschaft. Oehmen war damals 65 Jahre alt und Wachow 47. (irsta) Fotos: Stantonia