BERLIN – Erwin Rüddel: „Die Chancen digitaler Pflegeversorgung erkennen und nutzen!“

BERLIN – Erwin Rüddel: „Die Chancen digitaler Pflegeversorgung erkennen und nutzen!“ – Reform der Pflegeversicherung muss konsequent digitale Ansätze einbeziehen

Die Pflege befindet sich in einer tiefen Krise: Immer mehr Menschen sind auf Pflege angewiesen und auch die Versorgungsdauer nimmt zu. Gleichzeitig kämpfen Pflegeanbieter mit steigenden Kosten, was die Qualität der Versorgung beeinträchtigt. Pflegende Angehörige füllen diese Lücken oft unter großer Belastung. Währenddessen steigen die Eigenanteile in der stationären Pflege auf ein untragbares Niveau. Die gesellschaftliche Diskussion über die Zukunft der Pflege wird zunehmend drängender – auch in der Region. Der Bundestagsabgeordnete und Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel fordert daher eine umfassende Reform der sozialen Pflegeversicherung. Nach der Wahl müsse die nächste Bundesregierung das Thema gerade unter Berücksichtigung digitaler Chancen zügig angehen. „Mit der jetzigen Pflegeversorgung wird die künftig weiter steigende Zahl an Pflegebedürftigen nicht zuverlässig versorgt werden können. Der Fachkräfte- und Personalmangel wird absehbar zu groß“, warnt der Abgeordnete, der seiner Fraktion zur Digitalisierung im Gesundheitswesen Bericht erstattet.

Der Gesundheitspolitiker sieht eine Lösung in der Prävention und in der Rehabilitation, um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. Die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit sei nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit. Mit Prävention und Reha könne die Pflegebedürftigkeit möglichst lange aufgeschoben werden. „Prävention bietet große Chancen, da sich die meisten Menschen ein möglichst langes, selbstbestimmtes Leben im häuslichen Umfeld wünschen.“ Eine Reform müsse berücksichtigen, dass Pflege durch Angehörige aufgrund veränderter Wohnraumsituationen immer schwieriger werde. Zu wenig barrierefreier Wohnraum und hohe Hürden bei der Umgestaltung bestehender Wohnungen führten häufig zu stationärer Betreuung. Angehörigen müsse gerade in solchen Situationen der Rücken gestärkt werden. Digitalisierung und KI müsse in jede Gesetzgebung eingebunden werden.

„Mit weniger Pflegekräften müssen künftig mehr Pflegebedürftige versorgt werden. Das kann nur gelingen, wenn der Eintritt von Pflegebedürftigkeit durch Unterstützung älterer und hilfsbedürftiger Menschen verzögert oder verhindert wird. Digitale Lösungen, künstliche Intelligenz und Robotik bieten enorme Chancen, um länger selbstständig in der eigenen Häuslichkeit zu leben. Durch präventiven Einsatz können ältere Menschen länger in ihrem gewohnten Umfeld verbleiben. Video-Telefonie, Online-Bewegungskurse, digital unterstütze Übungen zur besseren Balance oder Gedächtnistraining ermöglichen Teilhabe, selbst bei bestehenden Einschränkungen.“ Pflege- oder Hilfebedürftige wünschten sich besonders im gewohnten Umfeld versorgt zu werden. Daher müsse es auch oberstes Ziel sein, diesen Aspekt bei Strukturreformen in den Mittelpunkt zu stellen. Mit einem bundesweiten Pflegegeld müsste gefördert werden, dass Pflege- und Hilfebedürftige länger selbstständig zuhause leben bzw. gepflegt werden könnten. Ohne digitale oder personelle Betreuung und Pflege zu Hause würde das Pflegesystem zusammenbrechen.

Die Digitalisierung biete vielfältige Ansätze, um den Pflegeaufwand zu reduzieren, die Sicherheit der Versorgten zu erhöhen und für mehr Lebensqualität zu sorgen: Sensoren zur Sturzerkennung, automatische Vitaldatenüberwachung, telemedizinische Notfallkontakte, KI-gestützte Früherkennung von Krankheiten, digitale Erinnerungen für die Medikamenteneinnahme sowie Robotik für alltägliche Aufgaben wie Essensausgabe und Reinigung. Viele dieser Technologien seien keine Zukunftsmusik, sondern würden in anderen Ländern bereits eingesetzt. „Die Digitalisierung bietet unzählige Möglichkeiten, Qualität und Quantität der Versorgung zu steigern. In einer umfassenden Pflegereform muss die digitale Unterstützung eine zentrale Rolle spielen. Sie ist eine Antwort auf den Personalmangel und die Bedürfnisse der Menschen, die ihre Selbstständigkeit erhalten möchten. Eine digitale Plattform steht dann auch zur Kommunikation zwischen Angehörigen, Pflegekräften und Pflegebedürftigen bereit“, betont Rüddel. Durch eine Strukturreform in der Pflegeversicherung müsse es Anreize geben, um alle Chancen zu nutzen, um möglichst lange in den eigenen vier Wänden leben zu können.

Digitale Kompetenzen müssten daher bereits in der Ausbildung der Pflegekräfte verankert werden, damit die Potenziale der Digitalisierung, gerade auch zur Entlastung von Bürokratie im Pflegealltag genutzt werden können. Ergänzende Tätigkeiten durch Assistenzkräfte sowie der Einsatz von Robotik und KI erforderten eine neue Definition der Personalausstattung sowie neue Finanzierungsmodelle für Schulungen und Investitionen in digitale Technologien. „Die Krise der sozialen Pflegeversicherung bietet die Chance, digitale Pflegekonzepte in die Versorgungsstrukturen zu integrieren. Es geht nicht darum, die Arbeit der Pflegekräfte zu ersetzen, sondern sie zu unterstützen und Angehörigen sowie Pflegebedürftigen mehr Selbstbestimmung zu ermöglichen.“

Der Gesundheitspolitiker kritisiert, dass trotz gesetzlicher Regelungen seit drei Jahren noch keine einzige digitale Pflegeanwendung verfügbar sei. Es brauche einfachere Rahmenbedingungen. „Nur durch einen Mix aus menschlicher Kompetenz und technischer Innovation bleibt die Pflege verlässlich und bezahlbar. Wir müssen aufhören, digitale Lösungen als Neuland zu betrachten. Wenn digitale Ansätze konsequent gefördert und gleichwertig vergütet werden, können wir den wachsenden Anforderungen in der Pflege gerecht werden“, so Rüddel abschließend.