REGION – Mit der NI zu Wildnis, Wasser, Wildkatzen, Spechten und Moosen im Nauberg
Veröffentlicht am 1. November 2024 von wwa
REGION – Mit der NI zu Wildnis, Wasser, Wildkatzen, Spechten und Moosen im Nauberg
Der Nauberg ist ein unzerschnittener, bewaldeter Höhenrücken mit einem einzigartigen „Buchenwald auf Basalt“. Zudem ist der Nauberg ein wichtiges Naherholungsgebiet für die Menschen. Daher war es nicht verwunderlich, dass an der diesjährigen Herbstexkursion der Naturschutzinitiative e.V. (NI) 40 interessierte Menschen teilnahmen.
Faszinierende Waldwildnis
Den Schwerpunkt der diesjährigen Exkursion bildete das Thema „Wildnis“, in das Wald- und Wildnisexperte Dr. Michael Altmoos sachkundig einführte. „Wildnis“ heiße, so Dr. Altmoos, dass auf einer Fläche keine aktive Beeinflussung mehr vorgenommen werde, die Fläche könne sich frei und zieloffen entwickeln.
Betrachte man Natur symbolisch als unser gemeinsames Haus, so stellen Flächen, die durch Land- und Forstwirtschaft, Wasser- und Energiewirtschaft – naturverträglich! – genutzt werden, eine tragende Wand dar. Eine andere ebenso wichtige tragende Wand seien Bereiche des Naturschutzes, der gestaltend in die natürlichen Prozesse eingreife.
Wildnisflächen mit eigener Naturdynamik
Wildnisflächen mit ihrer eigenen Naturdynamik stellten die oft vergessene weitere tragende und damit unersetzbare Säule für unsere Natur dar. Diese sei derzeit zu schwach ausgeprägt und gehöre mit Flächen wie dem Naturschutzgebiet Nauberg verstärkt. „Denn für den Erhalt der überlebenswichtigen Biodiversität spielen Wildnisflächen eine entscheidende Rolle als Rückzugsflächen und Entwicklungsräume für Biodiversität und Evolution. Hier können sich verloren geglaubte Arten wieder ansiedeln und vielfältige Nischen nutzen. Wildnis ist dynamisch, oft überraschend und das erfordert auch Toleranz beim Betrachter. Die aus meiner Sicht großen inhaltlichen positiven Visionen für funktionierenden Naturschutz liegen in Rewilding und in Renaturierung. Das aber verschlafen manche Teile alter Naturschutzverbände, das bekämpfen teils die Landwirte. Und wir müssen das Energie-Drama irgendwie zügeln“, betonte Michael Altmoos.
Kulturarten kommen alle aus der Wildnis
Aber noch etwas gab Michael Altmoos den Teilnehmern zum Nachdenken gleich zu Beginn der Exkursion mit auf den Weg: „Die Kulturarten kommen alle aus der Wildnis, woher sonst?“
Es sei ein verbreiteter Irrglaube, dass es rein kultur- und pflegeabhängige Arten gebe. Fast alle – Ausnahmen bestätigen die Regel – könnten in Wildnis überleben, wenn man es durchdenke. Nur halt nicht so vermeintlich vorhersehbar wie wir immer meinen. Eine entscheidende Rolle spielten dabei große und dauerhafte Flächen. Sie seien vorrangig und unersetzbar. „Ergänzt um kleine Flächen oder naturnahe Gartenflächen oder „Wildnis auf Zeit“, bilden sie ein tragfähiges Mosaik für das gesamte Naturgebäude“, so der Biologe.
Moose – Genies der Nachhaltigkeit
Auch Dr. Dorothee Killmann, Biologin an der Universität Koblenz, begeisterte die Teilnehmer mit ihren Ausführungen zu Moosen und Flechten, die eine wichtige Rolle im Ökosystem Wald spielten. Zu jeder Art konnte sie spannende und eindrucksvolle Geschichten erzählen. Wissensreich, unterhaltsam und vergnüglich setzte die Wissenschaftlerin Moose und Flechten in Szene und lud zu einem Streifzug durch ihre verborgene Welt ein. Mit den mitgebrachten Lupen eröffneten sich für die Teilnehmer ganz neue Einblicke in das Reich der oftmals unbeachteten Pionierbesiedler.
„In Wäldern unterstützen sie Bodenfeuchtigkeit und Wasserverfügbarkeit, sie unterstützen einen gesunden Wald in seiner Schwammfunktion und auch in der Hochwasservorsorge für Menschen. Die meisten Moose können lange Trockenphasen problemlos überstehen und sind selbst wiederum Kleinlebensraum für andere Organismen“, so die Expertin.
Dass es sich um eine fachlich exzellente Veranstaltung handelte, machte auch die Teilnahme weiterer Experten wie Ornithologin Heide Bollen, Wildkatzenexpertin Gabriele Neumann und Klaus Wilhelm von der BI „Erhaltet den Nauberg“ deutlich, die den Teilnehmern weitere Naturschutzthemen und die „Geschichte“ des Naubergs näherbrachten.
Enttäuschung über zu kleines Naturschutzgebiet und Windindustrie
Die Teilnehmer und Wissenschaftler zeigten großes Verständnis für die Enttäuschung über die räumlich stark begrenzte Ausweisung des Naturschutzgebietes Nauberg und das Entsetzten über die Planung von Windindustrieanlagen in unmittelbarer Nähe des Schutzgebietes. Damit werde das Schutzgebiet entwertet. Unter großem Beifall und mit Dank für das Gesehene und Erlebte ging die Veranstaltung nach über vier Stunden zu Ende.
Foto: Harry Neumann/NI, Exkursionsgruppe in der Waldwildnis des Naturschutzgebietes Nauberg