RHEINLAND-PFALZ – Beschäftigte aus der Kranken- und Altenpflege zeigen Gesundheitspolitik am Mittwoch, 12. Mai die »rote Karte«
RHEINLAND-PFALZ – Beschäftigte aus der Kranken- und Altenpflege zeigen Gesundheitspolitik am Mittwoch, 12. Mai die »rote Karte«
Vor der Bundestagswahl erhöhen Beschäftigte aus Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen den Druck. Mit einem bundesweiten Aktionstag zum Internationalen Tag der Pflegenden am Mittwoch, 12. Mai 2021, wollen sie ihren Forderungen nach einer bedarfsgerechten Personalausstattung und flächendeckend angemessener Bezahlung Nachdruck verleihen. „Es müssen dringend die richtigen Schlussfolgerungen aus den Erfahrungen in der Pandemie für das Gesundheitswesen gezogen werden. Die bisherigen Beschlüsse sind völlig unzureichend, von Entlastung, Wertschätzung und besserer Bezahlung ist im Betrieb nichts zu spüren – im Gegenteil“, sagt Agathe Hohmann, Gewerkschaftssekretärin bei der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Bei den Aktionen zeigen die Beschäftigten der Gesundheitspolitik deshalb die „rote Karte“.
Auch die Beschäftigten der BG Klinik sind mittlerweile richtig sauer. Sie warten seit 2019 auf die Zahlung einer sog. tariflichen „Pflegezulage“. Dies bedeutet, dass eine Pflegekraft in der BG Klinik seit 2019 rund 3.500 Euro weniger verdient hat, als ihre Kollegen/innen in Uni-Kliniken oder des öffentlichen Dienstes.
Mit ihrem Protest nutzen die Kollegen/innen den Tag der Pflegenden, um zum einen auf ihre personelle Überlastungssituation aufmerksam zu machen, aber auch um ihren Arbeitgebenden der BG Klinik die rote Karte zu zeigen. „Die BG Kliniken spielen auf Zeit, die den Beschäftigten fehlt- ihnen reicht’s- sie lassen sich nicht weiter spalten. Deshalb kommen am Mittwoch immer zwei Kollegen/innen, stellvertretend für ihre Station und Abteilung zu einem Delegiertenprotest im Klinikpark zusammen“, sagt Hohmann. „Die Beschäftigten in den Krankenhäusern sind erschöpft. Sie arbeiten seit Monaten am Anschlag, um die Menschen in der Pandemie bestmöglich zu versorgen. Auch in der Altenpflege ist die Lage angesichts der Personalnot weiterhin extrem angespannt“, berichtet Hohmann weiter.
ver.di fordert jetzt ein Signal für die beruflich Pflegenden. Die Bedingungen müssen sich schnellstmöglich und dauerhaft verbessern. Doch der Bundesgesundheitsminister spiele weiter auf Zeit. So habe Jens Spahn (CDU) zuletzt zwar etliche Gesetzesinitiativen vorgelegt, an den entscheidenden Stellen blieben diese jedoch weit hinter dem Notwendigen zurück. Weder in der Kranken- noch in der Altenpflege würden bedarfsgerechte und bundesweit einheitliche Personalvorgaben schnell auf den Weg gebracht.
„Damit der von Spahn vorgelegte Entwurf zur tariflichen Bezahlung in der Altenpflege nicht nur gut klingt, sondern tatsächlich das Problem löst, muss erheblich nachgebessert werden“, fordert Hohmann. Der Minister erwecke zwar den Eindruck, er wolle eine tarifliche Bezahlung in der Altenpflege sichern. Das sei aber nicht der Fall. Denn nicht die Einhaltung relevanter Branchentarifverträge wie des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) werde zur Bedingung für den Abschluss von Versorgungsverträgen gemacht. „Tariflich nicht gebundene Arbeitgeber sollen sich vielmehr den für sie günstigsten Haustarifvertrag in ihrer Region aussuchen können, nach dem sie ihre Beschäftigten bezahlen. Die Niedriglöhne werden so zementiert, statt überwunden“, so Hohmann. Nötig sei stattdessen die uneingeschränkte Anerkennung von in der Branche relevanten Flächentarifverträgen, wie des TVöD, der in kommunalen Altenpflegeeinrichtungen gilt.
Damit höhere Löhne nicht auf Kosten der Bewohner/innen gehen, plädiert ver.di für die sofortige Deckelung der Eigenanteile und perspektivisch die Übernahme aller pflegebedingten Kosten durch die Pflegeversicherung.
Auch in Bezug auf die Überlastung des Pflegepersonals in Krankenhäusern ist keine Lösung in Sicht. „Mit der PPR 2.0 liegt seit Januar 2020 ein Instrument zur Personalbemessung in der Krankenhauspflege auf dem Tisch“, erläutert Gewerkschaftssekretärin Sabine Schunck. „Doch statt es nach 16 Monaten endlich in Kraft zu setzen, möchte Spahn die Beschäftigten weiter vertrösten, mindestens bis 2025. Das geht überhaupt nicht,“ sagt Schunck und verweist auf eine aktuelle Befragung, wonach fast jede dritte Pflegekraft in Intensivstationen, Notaufnahmen und Rettungsdiensten ihre Stelle in den kommenden zwölf Monaten aufgeben will.
„Bundesregierung und Arbeitgeber stehen in der Verantwortung, die Flucht aus den Pflegeberufen durch bessere Arbeitsbedingungen zu stoppen. Die Beschäftigten zeigen der Gesundheitspolitik, die viel versprochen, aber keine Entlastung gebracht hat, zum Tag der Pflegenden die rote Karte“, so Schunck abschließend.
In vier Kliniken (Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern und Kusel, Städt. Krankenhaus Pirmasens und Pfalzklinikum) tragen die Kollegen/innen am 12. Mai einen roten Etikettenaufkleber auf ihrer Arbeitskleidung mit der Aufschrift: „Rote Karte – Für Spahn!“ Mit diesem wollen die Pflegekräfte deutlich machen, dass sie schnelle und wirksame Schritte in Richtung besserer Arbeitsbedingungen erwarten.
Eine weitere Aktion findet um 17:00 Uhr auf dem Neustädter Marktplatz statt. Hier hält der DGB Stadtverband NW gemeinsam mit ver.di Pfalz eine Mahnwache ab, um ebenfalls in der Öffentlichkeit auf die Probleme in der Gesundheitspolitik und Missstände bei den Arbeitsbedingungen hinzuweisen.