REGION – Ostern in bewegten Zeiten
Veröffentlicht am 12. April 2020 von wwa
REGION – Ostern in bewegten Zeiten – Die Fastenzeit ist vorbei und eigentlich freut man sich dann auf das Osterfest. Aber schon die Fastenzeit war ganz anders. Hatte man doch noch ausgiebig und angstfrei den Karneval und den Dienstagszug genießen können, waren kurz darauf die ersten Corona-Verdachtsfälle im Kreis Neuwied gemeldet. Der Landrat schaltete hierzuland sofort in den Krisenmodus, während das Kind in NRW schon längst in den Brunnen gefallen war und uns aus Italien Horrorzahlen von Infizierten und Toten erreichten.
Die Angst griff um sich, denn wer wusste schon, ob oder wie schnell uns die Viren erreichen. Angst vor Viren hatte ich bis Dato nur bei meinem Computer. Den hatte ich auch immer dringend gebraucht, wenn ich nach einer Veranstaltung, meinen Artikel für die Zeitung rein tippen musste. Nur Veranstaltungen, gab es auf einmal Mitte März nicht mehr. Die letzten waren das Richtfest eines Kindergartens und die Vorstellung eines Mehrwegbechers in der Karnevalswoche gewesen. Da war man schon auf Abstand gegangen und hatte niemanden mehr die Hand geschüttelt.
Ab Monatsmitte war denn alles abgesagt. Vom Schokoladen- über den Oster- und Blumenmarkt fand nichts mehr statt und die Schulen und Nonfood Geschäfte wurden dicht gemacht. In den Zeitungen war nun noch über gestrandete Urlauber und geöffnete Fieberambulanzen zu lesen. Für mich persönlich, die zu der Risikogruppe der älteren Mitbürger gehört, hieß es, daheim bleiben. Nachdem ich noch mal für die nächsten vier Wochen ausgiebig eingekauft hatte, konnte ich gut die Fastenzeit, in der Eremitage in Haus und Garten leben.
Kleinere fehlende Dinge, wie Zwieback, Heidelbeeren und Jogurt brachten mir meine erwachsenen Enkelkinder vorbei und ich konnte mich auch mal über einen Anruf freuen: Oma, ich stehe vorm Aldi, soll ich dir was mitbringen? Mitgebracht hat auch mein albanischer Nachbar Fatmir, einen Eimer Farbe aus dem Baumarkt. Es sollte ein kleiner sein. Der große war aber im Angebot. So bekam ich dann Farbe für 80 Quadratmeter. Was mich dann mangels anderer Beschäftigung auf die Idee brachte, erst das Schlafzimmer in Taubenblau und dann die Diele in ein sattes Grün zu verwandeln. Die Korbsessel aus der Küche, wurden wie die Blumenkästen lavendelfarben und landeten auf dem Balkon. Alle war die Farbe dann immer noch nicht, aber nun musste die Nähmaschine ran. Ein altes Hobby, was mir jetzt half die passende neue Deko zu nähen. Die Tage in der Einsamkeit wurden dadurch nicht langweilig.
Und weil dazu noch Frühlingswetter war, kam auch noch der Garten auf die To do Liste. Hatte ich doch aus Zeitmangel in der Vergangenheit so manches in Ecken gesteckt, wo man nun dringend aufräumen sollte. Außerdem hatte sich bei dem milden Winter das Gegrünze (Unkraut) zwischen den Steinen reichlich vermehrt. Da half Essigessenz, die noch vom letzten Jahr rumstand. Auch ein halbvoller Kanister mit Holzlasur kam beim Aufräumen zu Tage. Damit erstrahlten die Gartenmöbel wieder in frischem Glanz. Dinge, für die ich ohne Ausgangssperre keine Zeit gehabt hätte, konnte ich jetzt abarbeiten.
Die geschenkte Zeit konnte ich nun für Dinge verwenden, die es in meinem normalen Alltag zwischen den Terminen im Rathaus Linz, Andernach, in Linkenbach oder Leutesdorf nicht geschafft hätte. Das Geldeinnehmen und Ausgeben fehlt allerdings. Einerseits spare ich, weil ich nun selbst koche und nicht eben mal in der Stadt beim Chinesen oder Italiener essen gehe. Tanken brauch ich so schnell auch nicht und bestimmt nicht mit dem Bus mal eben in die Stadt fahren. Öffentliche Verkehrsmittel wie Bus und Bahn erscheinen mir gefährlich und die Einladung zu Ostern nach Oberbayern zu meiner Freundin habe ich tunlichst abgesagt. Obwohl ich schöne Erinnerungen an letztes Jahr bei der Auferstehungsfeier, in der kleinen Pfarrkirche in den frühen Morgenstunden hatte.
Die Osterkerzen, die die dunkle Kirche erhellt hatten, durfte man mit heim nehmen. Eine brennende Kerze, über den Weg aus der Kirche, ins Auto bis auf den Frühstückstisch zu retten war eine Aufgabe. Eine schöne Erinnerung, denn einen Ostergottesdienst wird es in diesem Jahr bestenfalls am Bildschirm geben. Unser Pastor hat auch vorgesorgt und hält den Gottesdienst in einer Liveschalte aus der Matthiaskirche. In meiner Pfarrkirche, so war zu lesen, sollen die Osterkerzen abzuholen sein. 10 Uhr am Karfreitag entschließe ich mich, weil Feiertag ist und ich mich nach Tagen im Trainingshosenlook mal fein angezogen habe, keine Farbe an den Fingern, vor die Tür zu gehen. Muß mir mal an der Bank Geld aus dem Automat holen, weil ja nun andere für mich einkaufen. Als ich auf diesem Weg an der Kirchentür vorbeikomme, ist die zu. Auch auf dem Rückweg, um halb 11 Uhr immer noch. Es steht ein Mann dort und wartet und hinten kommt noch ein Ehepaar. Ich denke mir, schade dann eben keine Osterkerze. Mittags als ich meine Mails aufmache um zu sehen, ob ein Ostergruß dabei ist, finde ich eine Nachricht von Moritz. Moritz ist Student und Obermessdiener. Er hat gehört, dass ich an der Kirchentür war und entschuldigt sich, dass er die Kirche aufschließen sollte, aber verschlafen habe. Nun sei die Kirche aber auf.
Da ich aber nun keinen Spaziergang mehr durchs Dorf machen wollte, machte ich ihm den Vorschlag eine gute Tat zu tun und mir die Kerze auf den Stuhl vor meiner Haustür zu stellen, wo weithin sichtbar ein dicker Hase sitzt. So rechte Begeisterung kam wohl bei ihm nicht auf, aber in einer zweiten Mail der Hinweis, dass man am Sonntag die Kerze am Osterlicht anzünden könne. Dass allerdings teilte ich ihm in einer Antwort mit, hätte ich schon mal erfolglos probiert, denn gleich hinter der Kirchenmauer, hatte der Wind das Licht ausgepustet. Kurz vor 18 Uhr dann die nächste Mail. „Kerze steht neben dem Hasen“. So ist diese Osterkerzengeschichte in bewegten Zeiten, eine zum Schmunzeln. Und dem frohen Osterfest mit einer Osterkerze steht zumindest beim einsamen Osterfrühstück am Ostersonntag nichts im Weg. (mabe) Fotos: M. Becker