KIRCHEIB – Vernissage der Künstlergruppe „Acht“ in der Kulturwerkstatt Kircheib am Sonntag, 13. Oktober 2019
KIRCHEIB – Vernissage der Künstlergruppe „Acht“ in der Kulturwerkstatt Kircheib am Sonntag, 13. Oktober 2019 – Sie haben zahllose Stipendien erhalten und Preise gewonnen. Sie werden in öffentlichen Sammlungen geführt und verkaufen an private Sammler. Sie lehren an Universitäten und haben Einzelausstellungen in verschiedenen Ländern. Sie zeichnen und malen, nähen uns sticken, filmen, machen Landart, Installationen, Skulpturen und Performances. Und sie haben sich alle irgendwann in der Region Rhein-Sieg-Westerwald niedergelassen, wo sie zum Netzwerk wurden und schließlich eine Künstler/innen Gruppe gründeten: „Acht“.
Am Sonntag, den 13. Oktober 2019 tritt „Acht“ mit der Gruppenausstellung selbst ist das andere zum erstmals in die Öffentlichkeit. In der Kulturwerkstatt Kircheib, wo sie sich seit Beginn des Jahres regelmäßig treffen, findet ab 17.00 Uhr die Vernissage statt. Weitere Öffnungszeiten der Ausstellung sind von 18. bis 20. und am 25. Oktober jeweils von 14.00 bis 17.00 Uhr. Die Finissage ist am 26. Oktober ab 17.00 Uhr. t.
Benoit Tremsal, Carola Willbrand, Inge Kamps, Jürgen Röhrig, Mark Met, Matthijs Muller, Sabine Hack und Sonja Karle zeigen aktuelle Arbeiten, die durch den Titel der Ausstellung selbst ist, das andere assoziativ miteinander verknüpft sind.
selbst ist das andere:
Acht Künstlerinnen und Künstler haben sich in diesem Jahr zu einer Gruppe zusammengefunden, die sich in Kircheib erstmals mit Werken der Öffentlichkeit präsentiert. Ihre Ausstellung gibt Einblicke in acht ganz unterschiedliche Werkprozesse und stellt die Frage nach Selbstkonzepten und möglichen Gemeinsamkeiten. Das Selbst, dem das Ich empfindend und reflektierend gegenübertritt, manifestiert sich in Werken, die in unterschiedlichen Graden übereinstimmend mit dem Selbstbild wie auch fremd und anders sein können. Der Prozess der Formfindung und Aussage ist auch einer der Selbstbehauptung und -entwicklung. Der Dialog mit den Betrachtern fließt darin ein.
Sabine Hack hat im Handgepäck Nadel und Faden, um das fragile menschliche Sein zu hinterfragen. Sie möchte Geschichten erzählen, die der Faden aufnimmt und weiterspinnt. Begegnungen mit Menschen, Landschaften oder Orten werden zu einem Flechtwerk von Erinnerungen. Eine Postkarte, ein Stück Stoff oder ein Foto ist Ausgangspunkt für die Arbeit mit Wolle, Garnen und Stoffen. Daraus entstehen Bilder, Installationen und Objekte.
Inge Kamps zeigt in ihrem Video „Mein Kosmos Garten“ den Garten als Ort der Selbstbegegnung. Die verschiedenen Ebenen im Film – die stationäre Kamera, die Kopfkamera und der Text Hermann Hesses („Innen und außen“, 1925) – verlaufen einerseits synchron, andererseits asynchron und bilden zusammen ein Geflecht der Selbstreflexion und Selbstbetrachtung, das die Deutung der zahlreichen Metaphern letztlich offen lässt.
Sonja Karle nennt die Zeichnung ihre stille, doch stete Begleiterin, schneller als das Denken und doch ganz langsam. Ausgehend vom Betrachten, möglichst frei und unvoreingenommen, schafft die Zeichnung sich ihren eigenen Raum. Formale Verwandtschaften führen zu inhaltlichen Auseinandersetzungen mit dem Gesehenen. Dabei ist für die Künstlerin das Verhältnis zwischen Menschen und Natur ein zentrales Thema.
Mark Met möchte mit seinen Zeichnungen den Gestus der „albernen Besoffenheit” im Werk des niederländischen Malers Frans Hals aufgreifen. Dabei sollen Masken-Zeichnungen und flankierende Performances zum Thema des Selbst ihre Modelle, vom Künstler ausgewählte Skulpturen, lebendig machen. Es geht ihm dabei um das, was man ein „Theater der Grausamkeit und der Zärtlichkeit“ nennen kann, wie eine der Zeichnungen betitelt ist.
Matthijs Muller zeigt seine neue Videoinstallation „ab und zu“: Ein Bart wächst über die Alltäglichkeit hinaus in das Unfassbare. „Ab und zu“ ist ein Selbstporträt mit Selbstkritik an einer nachlässigen Rasierroutine – selbst ist auch (das andere), was man ungern zeigt. Die Arbeit stellt darüber hinaus die Frage, in welchem Maß das Selbst ein Anderer ist, wenn die Äußerlichkeiten sich verändern.
Jürgen Röhrig konfrontiert in seinen Zeichnungen freie gestische Manifestationen mit geometrischen Raster Modulen. Diese berechenbaren, konstruierten Formen sind das ganz Andere der Zeichnungen aus dem Bewegungsimpuls, aus dem Körpergedächtnis. Das üblicherweise im Zeichenprozeß kontrollierende Auge ist bei diesem Teil der Arbeit weitgehend ausgeschaltet, die Hände bewegen sich über ein Kohlepapier, und der Abdruck auf dem weißen Blatt wird erst sichtbar, wenn der Prozess beendet ist. Im undefinierten Raum der Zeichnung setzen die Module Koordinaten, es bleibt aber ein gespanntes Verhältnis.
Carola Willbrand reflektiert die vielen Rollen, die sie in ihrem Leben zu spielen hatte: Tochter, Schwester, Ehefrau, Mutter, angestellt, selbstständig, Bildende Künstlerin. Die Aufgaben der unterschiedlichen Rollen beeinflussen stark die Selbstwahrnehmung und kontrollieren den Kampf um die Eigenständigkeit als Künstlerin. Sie stellt die Frage nach der Selbstbehauptung mit unterschiedlichen künstlerischen Mitteln: Zeichnungen (u.a. mit der Nähmaschine), Künstlerbüchern, Skulpturen aus getragenen Kleidungsstücken aus dem sozialen Umfeld, Performances.
Benoit Tremsal stellt eine architektonisch anmutende Skulptur auf ein Büromöbel. In den drei geöffneten Schubladen sind Kartonteile zu sehen, ein Art Materiallager für das Objekt oben. Es geht um die üblicherweise unbeachtete Ästhetik von Verpackungen, es geht um die Sensibilität für plastische Formen, die nicht als autonome Werke gedacht sind, doch hier herausgestellt und damit gerettet werden. Im Alltag geht die Form, die ihre funktionale Aufgabe erfüllt hat, verloren. Das, was uns dabei entgeht, wird in dieser Arbeit Anregung für eine Neuschöpfung, eine vielschichtige Skulptur, die einen verschachtelten, letztlich unergründlichen Raum schafft, der eine Fülle unterschiedlicher Perspektiven eröffnet.