BERLIN – Erwin Rüddel zur Beratung der Gruppenentwürfe zum Thema Organspende im Deutschen Bundestag

BERLIN – Erwin Rüddel zur Beratung der Gruppenentwürfe zum Thema Organspende im Deutschen Bundestag – Aus Anlass der Beratung der Gruppenentwürfe zum Thema Organspende, hat der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag Erwin Rüddel eine Rede gehalten.

Rüddel sehe zwei entscheidende Kriterien bei der Organspende: das Vertrauen der Bevölkerung und eine möglichst gute Organisation der Abläufe im Ernstfall. In seinen Augen entscheidet letztlich eine durchdachte, koordinierte Organisation eher über den Erfolg, d.h. über mehr gespendete Organe, als die Systemfrage nach Widerspruchs- oder Zustimmungslösung.

Die erfolgreichen europäischen Länder bei der Organspende – nämlich Spanien und Dänemark – praktizieren beide die doppelte Zustimmungslösung und erreichen dadurch einen hohen Grad an Vertrauen in der Bevölkerung. Dabei gibt sowohl der potentielle Organspender zu Lebzeiten seine Zustimmung als auch seine Familie im Falle des Hirntods. Um das Vertrauen zu stärken spricht viel dafür, dass ein Mensch, der sich zu Lebzeiten zur Organspende bereit erklärt hat, im Todesfall erst dann zum Spender wird, wenn auch die Familie dem zustimme.

Spanien, das Land mit den meisten Organspenden, hat zwar gesetzlich eine Widerspruchslösung. Diese wird aber im Sinne einer doppelten Zustimmungslösung umgesetzt, indem im Todesfall auch die Angehörigen befragt werden. Dadurch wird ein hoher Grad an Vertrauen in der Bevölkerung erreicht. In Dänemark, wo Rüddel sich mit Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses ebenso vor Ort informiert habe wie in Spanien, gebe es die Zustimmungslösung, und auch dort gelinge die Identifizierung potentieller Spender deutlich besser als in Deutschland. Deshalb sei er überzeugt davon, dass die Widerspruchslösung der Zustimmungslösung nicht überlegen ist.

Unabhängig von der Systemfrage ‚Widerspruch oder Zustimmung‘ gehe es aber entscheidend um die möglichst gute Organisation der Abläufe im Ernstfall. Zentral sind die kontinuierliche Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die gut durchdachte, koordinierte Organisation des Organspendeprozesses.

Um die Bereitschaft zur Organspende zu steigern, sei eine regelmäßige öffentliche Sensibilisierung wichtig. So sollte beispielsweise jeder Bürger bei offiziellen Behördenkontakten auf die Möglichkeit der Organspende hingewiesen werden.

Zur Verbesserung der organisatorischen Prozesse gehörten neben der zielgerichteten Identifikation potentieller Spender durch geschulte Ärzte und Intensivpfleger auch die Freistellung von Transplantationsbeauftragten in Krankenhäusern von Routinearbeiten sowie eine höhere Vergütung der Aufwendungen und Bereitstellungskosten in den Entnahmekrankenhäusern,

Das Gesetz für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende war hier ein erster wichtiger Schritt. Darüber hinaus sollte das Thema Organtransplantationen seiner Meinung nach bereits in der Ausbildung zur Intensivmedizin obligatorisch sein. Eine bessere Vernetzung von Notfalldiensten und Unfallkrankenhäusern könne ebenfalls zur Stärkung der Organspende beitragen.

Ganz entscheidend, so Rüddel weiter, sei jedoch auch der menschliche Faktor, die Empathie: „Damit meine ich die rechtzeitige und umfassende Begleitung der Angehörigen auf diesem wahrlich nicht leichten Weg“. Was diesbezüglich in Spanien vor, während und auch nach einer Transplantation mit Blick auf die Angehörigen geleistet wird, ist nach Rüddels Eindruck vorbildlich – und sollte es künftig auch hier sein.

In Zukunft könnten wir vielleicht sogar über eine Änderung im Bereich der Lebensspende nachdenken: unter absoluter Vertraulichkeit wären dann Überkreuzspenden möglich, wenn beispielsweise Menschen ihrem Partner oder einem Angehörigen eine Niere spenden möchten, dies aufgrund von Unverträglichkeiten aber gar nicht geht, so dass eine Überkreuzspende von zwei Paaren wie in anderen Ländern denkbar würde. Ein weiteres Instrument könnte das Herztodkriterium sein: in Spanien haben sich die Organspendezahlen um 30 Prozent erhöht, indem neben dem Hirntodkriterium die Organentnahme nach Herztod eingeführt wurde. In Dänemark wird darüber ebenfalls nachgedacht, während es in Deutschland streng verboten ist. Eventuell können wir in einigen Jahren ja auch über diese Frage eine ethisch fundierte Diskussion führen.“ so Rüddel abschließend.

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