Die Kirche im Dritten Reich im Kreis Altenkirchen
HELMENZEN – Die Kirche im Dritten Reich im Kreis Altenkirchen war Thema einer Versammlung des „Arbeitskreis für Heimatgeschichte und Brauchtumspflege“. Der zweite Vorsitzende des „Arbeitskreises, Helmut Kohl eröffnete die Veranstaltung, teilte der Versammlung einige informative Interna mit und fand einleitende Worte zum Thema des Abends. Mitglied Frank Schumann aus Birnbach sprach über das Thema „Der Evangelische Kirchenkreis Altenkirchen in der Zeit des Dritten Reiches“. „Um zu verstehen, wie es sich mit der Evangelischen Kirche in der Zeit des Dritten Reiches verhielt, sei es notwendig zunächst einmal zu beleuchten, wie die Evangelische Kirche überhaupt erst in die Situation kommen konnte, in der sie sich zwischen 1933 und 1945 befand, so Schumann.
Durch den Verlust der kirchenstabilisierenden Faktoren des Kaiserreiches im Jahr 1918, der sich daraus ergebenden kirchlichen Orientierungslosigkeit weiter Kreise der Evangelischen Kirche und der inhaltlichen Nähe vieler Pfarrer und Gemeindechristen zum aufkommenden national-völkischen Denken musste die Evangelische Kirche vom Nationalsozialismus nicht bedrängt werden, sondern bereitete ihm in ihren eigenen Bereichen den Weg zur Herrschaft. Durch das Auftreten einer Gruppe von Nazi-Christen („Deutsche Christen“) und deren Unterstützung durch nationalsozialistischer Organisationen entwickelte sich die Evangelische Kirche nach der Kirchenwahl 1933 immer mehr zu einer völkischen Kirche, in der die Übernahme des Rassismus (Arierparagraph) und eine am Führerprinzip orientierte autoritäre deutsche Einheitskirche kennzeichnend wurden, so Schumann weiter.
Die wenigen an Bibel und Bekenntnis orientierten Pfarrer und Gemeindeglieder hätten wohl damals den Kampf um die Kirche verloren, wenn die „Deutschen Christen“ bei einer Kundgebung in Berlin im November 1933 nicht so den Bogen überspannt hätten (Abschaffung des Alten Testaments, antijudaistische Auslegung des Neuen Testaments, Hitler und die NSDAP als neue Offenbarung nach Jesus Christus, …). Damit wurden vielen ihrer nun ehemaligen Anhänger die Augen geöffnet. Die aus dem Pfarrernotbund (Niemöller) heraus entstandene und durch die Barmer Theologische Erklärung bekenntnismäßig ausgerichtete Bekennende Kirche versuchte nun mit anfänglichem Erfolg den weiter von den Nazichristen dominierten Landeskirchen ihren Vertretungsanspruch als christliche Kirche streitig zu machen.
Dass dies zunehmend immer weniger gelang, war aufgrund des permanenten Drucks durch die Partei und den Staat abzusehen. Auch Widerstand gegen das Terrorregime der Nazis und seine menschverachtende Politik (Behindertenermordung, Judenvernichtung) blieb weitgehend die Sache einzelner mutiger Personen. Der größte Teil des kirchlichen Widerstands war und blieb dann eher eine innerkirchliche Auseinandersetzung. Aber auch diese wurde an vielen Stellen mit Glaubenstreue und Mut geführt. Viele Pfarrer und Gemeindeglieder wurden in die Illegalität abgedrängt und wurden Opfer staatlicher Willkür. Dazu gibt es dann auch einige Beispiele aus dem Kirchenkreis Altenkirchen“ so Schumann abschließend.
Gerade diese Hinweise und Beispiele von Schumann, die sich auf den heimischen Raum, also Gemeinden und Kirchspiele, beziehen, waren für die meisten Zuhörer neu. Sie bedankten sich mit lang anhaltendem Applaus für diesen hervorragenden Vortrag. Auch Kohl bedankte sich bei Schumann für seine interessante und gut vorgetragene Rede und wies darauf hin, dass der nächste Vortrag über das Leben und Wirken von Raiffeisen und Schultze-Delitzsch handeln werde.
Die Museumsscheune in Helmenzen ist bis Ende April 2017 geschlossen. Am ersten Mai findet traditionsgemäß wieder die Eröffnung mit Kaffee und Kuchen statt. Danach kann die Museumsscheune an allen Sonntagen ab Anfang Mai bis Ende September von 14:00 bis 17:00 Uhr besichtigt werden. (Andreas Koppers) Fotos: Erhard Waßmuth